Seite:OANeckarsulm0251.jpg

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Graben, der an der südlichen Seite der beiden Giebelgebäude vorbeilief. Jetzt ist auf der Südseite der Oberamtei ein hübscher, leider durch heftigen Sturm im Sommer 1877 und den kalten Winter 1879–80 übel mitgenommener Garten.

Das Oberamtsgerichtsgebäude, an der Weinsbergerstraße gelegen, ist ein neuer zweistockiger, massiver Bau, mit Front gegen Süden, erbaut 1845/46, daneben ein Garten, der frühere Klostergarten, und die Gefängnisse, das frühere Kloster (s. o.). Der prosaisch aussehende Bau hat doch eine gewisse poetische Weihe erlangt: mehrfach sind dort unsere vaterländischen Dichter J. V. Scheffel und F. Freiligrath bei ihrem sanges- und weinkundigen Freund, Oberamtsrichter G., eingekehrt, um als Pathen bei fröhlichen Taufen zu assistiren, und Scheffel singt:

Und fahr ich einst wieder durch Gottes Welt
Und freu’ mich an Reben und Hopfen:
Dort wo die Sulm in den Neckar fällt,
Will ich an das Amtsgericht klopfen.
Dort amtet ein treuer, ein trinkbarer Mann,
Den Sängern unstreng und willig,
Dort wird dem Klopfenden aufgethan
Und Jedem, was recht ist und billig . . .

Die von Weinsberg kommende Straße führt als Bahnhofstraße westlich mit scharfer Biegung gegen Süden zum Bahnhofgebäude, zu dem die von der Stadt her führende Zufahrtsstraße abfällt. Das Gebäude ist 21/2stockig, massiv von Werkstein gebaut; nach Osten hat es eine Vorhalle mit Arkaden. – Die Bahnhofstraße überschreitet die Linie unterhalb des Bahnhofs und führt jenseits derselben zur Neckarfähre, zum Langholzhafen, zu dem ein Schienengeleise vom Bahnhof her führt; etwas oberhalb der Stadt hat der Neckar, der früher eine Biegung im rechten Winkel machte, zur Erleichterung und Förderung der Schiffahrt 1877/78 eine Korrektion erlitten; an der südlichen Seite des alten Bettes dehnt sich ein hübsches Eschenwäldchen aus.

Auf dem im ONO. der Stadt, 11/2 km von ihr entfernt, bis zu einer Höhe von 500 württ. Fuß über die Stadt sich erhebenden Scheuerberg (siehe oben Seite 47) befand sich einst eine stattliche Burg, von der jedoch heutzutage kein Stein mehr vorhanden ist. Diese Burg, wohl vor oder in dem 14. Jahrhundert von den Herren von Weinsberg erbaut, auf der Steininschrift zu Horneck „ein schön erbautes Schloß“ genannt, kam 1335 an Kurmainz, 1483 an den deutschen Orden, der es zum Hauptamtssitz erhob, wurde aber am 19. April 1525

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Neckarsulm. Kohlhammer, Stuttgart 1881, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OANeckarsulm0251.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)