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Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen

Kindern guten Verdienst; die Wolle wird von Fabrikant Keller in Calw geliefert und demselben die fertige Arbeit abgegeben, indessen ist immer noch ein Beitrag von Seiten der Gemeinde nothwendig. Etwa 45 Personen erhalten gegenwärtig Gemeinde-Unterstützung.

Die Bodenverhältnisse der ziemlich unebenen Markung sind gut und bestehen theils aus fruchtbarem Dilluviallehm-, theils aus etwas gebundenen Thonböden, die sich hauptsächlich für den Dinkelbau eignen; auf den an den Abhängen zu Tage gehenden Keupermergeln wird an den südlich geneigten mit gutem Erfolg Weinbau, an den nördlich geneigten aber Waldbau getrieben.

Der landwirthschaftliche Betrieb ist sehr gut und sichtlich im Fortschritt begriffen; Dinkel, Gerste und Weizen gerathen vortrefflich, weniger der Reps, indem die warme Lage kein tüchtiges Auswintern der Felder gestatten soll; dagegen gedeiht der Hanf gut und wird im Ort selbst versponnen. Von Brachgewächsen baut man Futterkräuter, Kartoffeln, Zuckerrüben etc. Getreidefrüchte werden von dem Pächter des herrschaftlichen Guts und einigen bedeutenderen Güterbesitzern in ziemlicher Ausdehnung nach Außen verkauft. Die Güterpreise bewegen sich bei den Äckern von 250–700 fl. und bei den Wiesen von 300–500 fl.

Die Wiesen liefern reichliches und nahrhaftes Futter, so daß, trotz des bedeutenden Viehstandes, noch Futter zum Verkauf übrig bleibt. Etwa 30–40 Morgen können bewässert werden.

Der auf 258 Morgen betriebene Weinbau liefert einen süßen, feinen, feurigen Wein, größtentheils weißes Gewächs, und zwar durchschnittlich 3–4 Eimer per Morgen. Die besten Lagen sind Nonnenberg, Schraiberg und Aichle. Der Wein findet seinen Absatz theils nach Stuttgart, größtentheils aber in die Gegend von Hall. Der Eimer kostete 1859 36–42 fl., 1860 19–22 fl., 1861 50–61 fl., 1862 48–56 fl. und 1863 35–42 fl.

Das Obst geräth gut und die Kultur, namentlich auch die der feineren Obstsorten, wird emsig betrieben.

Die Rindviehzucht ist erheblich und gestattet einigen Handel auf benachbarten Märkten, besonders aber auf den im Ort stattfindenden vier Viehmärkten, die sehr bedeutend sind und sich eines großen Rufs erfreuen; es mögen zuweilen gegen 2000 Stück Vieh aufgestellt sein und fremde Händler, namentlich aus dem Badischen, stellen sich zahlreich ein. Ebenso bedeutend ist der auf den 30. November fallende Gespinnstmarkt, auf welchen Flachs aus der Gegend von Backnang und Welzheim, Hanf aus der Oehringer Umgegend gebracht wird.

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Boger, Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Oehringen. H. Lindemann, Stuttgart 1865, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAOehringen0315.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)