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Zustand. An der Schule unterrichten ein Schulmeister, ein Unterlehrer und ein Lehrgehülfe. Neben der, seit 1843 den Winter über bestehenden Industrieschule für Mädchen, welche durch jährliche Beiträge der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins unterstützt wird, ist im Frühjahr 1850 eine Kleinkinderschule in’s Leben getreten, wozu Mitglieder der königlichen Familie und wohlthätige Frauen in Stuttgart die Mittel boten. Die fleißigen Einwohner sind lebhafter Gemüthsart, witzig, geschmeidig und vielleicht dadurch etwas verdorben, daß sie mit ihrem Verkehr vorzugsweise auf Stuttgart und Ludwigsburg angewiesen sind. Der Ort ist im Ganzen unbemittelt und mit mehr als 150.000 fl. versicherter Passivcapitalien belastet. Die Bewohner sichern sich aber durch Waschen und Bleichgeschäfte, welches 100 Familien beschäftigt, ihr Auskommen mehr, als wenn sie auf den Ertrag ihrer kleinen Markung angewiesen wären. Der Grundbesitz der 6 begütertsten Ortsangehörigen bewegt sich zwischen 6 und 10 Morgen. In keinem Ort des Bezirks werden verhältnißmäßig so viele Kinder geboren als hier, dagegen ist auch die Sterblichkeit im Verhältniß zu den Einwohnern am größten.

Allhier wurde als Sohn des Pfarrers am 7. Juli 1739 geboren: Wilh. Ludw. Weckherlin, bekannt als Journalist von anziehender Darstellungsgabe und durch die Schicksale, welche ihm seine Unbesonnenheit, sein Freimuth und sein Hang zur Satyre zuzogen. Er studirte in Tübingen die Rechte, lebte sodann in Straßburg, Paris und Wien; von hier verwiesen in Regensburg, Augsburg und Nördlingen. Nachdem er auch von hier verbannt war, begab er sich in das nahe gelegene wallersteinische Dorf Baldingen, wurde aber arretirt und saß vier Jahre als Gefangener auf dem wallersteinischen Schloß Hochhaus. Im Jahr 1792 freigegeben, wandte er sich nach Anspach, wurde aber alsbald auch hier auf einige Tage eingesetzt; er starb noch in demselben Jahre am 24. Nov. Seine Hauptschriften sind: Anselmus Rabiosus, Reise durch Ober-Deutschland 1778 und die periodischen Schriften Chronologen, das graue Ungeheuer nebst dessen Fortsetzungen den Hyperboreischen Briefen und den Paragraphen.

Die Ortsmarkung ist meist uneben und hat einen im Allgemeinen fruchtbaren, theils mergeligen, theils lehmigen Boden, der zuweilen mit leichtem Sand gemengt ist. Wegen ihrer Lage und der unbedeutenden Ausdehnung der Äcker, werden diese ohne Flurzwang, in der Regel nur mit der Haue und mit dem Spaten bearbeitet. Von den gewöhnlichen Cerealien baut man Dinkel, Gerste und Weizen; der Ertrag an Dinkel wird zu 6 Scheffel, an Gerste zu 4 Scheffel und an Weizen zu 4 Scheffel angegeben. Kartoffel, Angersen, Welschkorn, wenig Hanf, Erbsen, Linsen und in neuerer Zeit etwas Mohn sind die Bracherzeugnisse, die in

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt. J. B. Müller's Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1851, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartAmt_132.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)