Seite:OAUrach 126.png

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im September 1649 zurückgegeben wurde. 1694 schlug der Blitz in den Pulverthurm, der mit einer Erschütterung in die Luft flog, die auf mehrere Stunden verspürt wurde. Indeß erhielt sich die Festung bis über die Mitte des letzten Jahrhunderts und hatte bis dahin auch ihren eigenen Commandanten mit einer kleinen Besatzung. Im Jahr 1767 gab der Herzog Carl den Befehl zum Abbruch; der Haupt-Beweggrund dazu war: Ziegel und Steine für den Bau des Jagdschlosses Grafeneck zu gewinnen. Aus demselben Grunde, um Steine für den Bau eines Stalles auf dem Rutschenhof zu erbeuten, wurde leider auch noch im Jahr 1815 in den Resten der Festung gewühlt. Indeß ist der Rutschenhof selbst wieder untergegangen, die Ruinen der Veste aber stehen noch Ehrfurcht gebietend, und werden stehen und den Wanderer anziehen, wenn die meisten Schöpfungen späterer Zeit längst wieder verstaubt sind. Unter den Erinnerungen, welche an diese Ruinen sich knüpfen, rufen wir noch folgende ins Gedachtniß:

Im Jahr 1490 ließ Graf Eberhard im Bart seinen Vetter Heinrich, den Vater des Herzogs Ulrich, wegen Geistes-Zerrüttung auf die Festung Urach in Verwahrung bringen. Seine edle Gemahlin Eva folgte ihm dahin in die Gefangenschaft, und blieb bey ihm, bis er im Jahr 1519 auf der Festung starb. Während dieser Zeit gebar sie ihm 1496 eine Tochter Maria, nachherige Herzogin von Braunschweig-Lüneburg und einen Sohn Georg, den Stammhalter des Würt. Hauses.

Im Jahr 1590 wurde Nicodemus Frischlin, der berühmte Dichter und Gelehrte, als Opfer seines beißenden Witzes und rachsüchtiger Gegner auf die Festung gesetzt. Vergeblich auf seine Erlösung harrend, faßte er endlich den Entschluß, zu entfliehen. In der Nacht vom 29ten auf den 30. Nov. d. J 1590 zerschnitt er seine Leintücher und band sie zu einem Seile zusammen, brach durch den Ofen aus seinem Kerker, erkletterte die hohe Festungsmauer, und ließ sich an seinem an der Mauer befestigten Seile hinab. Aber

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Johann Daniel Georg von Memminger: Beschreibung des Oberamts Urach. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1831, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAUrach_126.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)