Seite:OAWaiblingen0105.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ursprung knüpfen;[1] dieser Art sind folgende: er habe zur Römerzeit urbs Charitinorum geheißen, er habe ums Jahr 100 jenseits der Rems gegen Osten gestanden und sey die größte Stadt Schwabens, Sitz des Schwabenkönigs Moravinus, gewesen. Eine Zerstörung der ältesten Stadt wird dem Hunnenkönig Attila zugeschrieben und in’s Jahr 450 gesetzt. Der träumerische Johann Herold läßt Hildegard, Gemahlin Karls des Großen, in Waiblingen geboren seyn, wofür so wenig ein Beweis vorliegt als für die Annahme, Waiblingen sey der Geburtsort Kaiser Friedrichs I. des Rothbarts. Der S. 90 angeführten Beinsteiner Gebäudeinschrift »CLODIUS HOC FECIT UXORI SUAE« gab man neben andern sonderbaren Erklärungen auch die wunderliche Deutung, K. Chlodwig (dieser soll Clodius seyn!) habe seinem „Weibe“ zu Ehren eine Stadt gegründet und letztere deßhalb Weiblingen, Waiblingen, genannt. – Auch die Angabe, daß die Leiber der heiligen drei Könige auf ihrer Reise nach Cöln hier übernachtet, ist reine Sage. 1

Die Geschichte weiß bloß Folgendes: Waiblingen war eine der vielen karolingischen Pfalzen, wie auch das nahe Winterbach, welches mit Waiblingen mehrmals in Verbindung gebracht wird, urkundlich wenigstens einem salischen Könige zum Aufenthalte diente. Im Jahre 885 August 23. und 25. stellte K. Karl der Dicke in Waiblingen seinem kaiserlichen Hofgut (ad Weibelingan curta imperiali) Urkunden aus und dieß ist das früheste Vorkommen des Ortsnamens. (Mon. Boic. 28, 76. 31, 116.) Im Jahr 887 nach Ostern hielt derselbe Kaiser hier einen Hoftag (Pertz Mon. 1, 404). K. Arnulf, im Begriff nach Italien zu ziehen, feierte allda Weihnachten 893 (curte regia Wehibilingua


  1. Waiblingen hatte ohne Zweifel eine große, wenn auch jetzt nicht mehr aufzuklärende Vergangenheit. Sieht man auch von unbescheinigten Sagen und Chroniken-Nachrichten ab, so sind jedenfalls die Spuren einer großen Römercolonie dafür Zeuge. Hinter dem Bihlschen Hause ist ein großes Feld mit alten Gräbern; an dieses stößt das S. 88 genannte „Heidengäßchen,“ zu dem Friedhofe führend, das wohl mit dem Felde in Verbindung stand, da an beiden Orten römische und mittelalterliche Waffen und Geräthe gefunden werden. In der Nähe, der Keimenmühle gegenüber, bei dem alten Beinstein, ist der „Kalkofen,“ wo die S. 90 erwähnten römischen Brennöfen mit Töpfergeschirr ausgegraben wurden. Dazu kommen der salische Besitz, die Verbindung mit den Hohenstaufen; die Verbindung, in der zu unbekannter Zeit Waiblingen mit seiner Tochter, dem jüngern Neustadt, gestanden haben muß; die in der Nähe des Heidengäßchens ausgegrabenen Fundamente alter Gebäude; die Wahrscheinlichkeit, daß sich die Stadt in der Nähe der äußern Kirche befunden und sich erst später in die Höhe gezogen haben dürfte und noch manche andere Merkmale, deren Zusammenhalt jene Annahme auch für das Mittelalter begründen möchte.
Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Waiblingen. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWaiblingen0105.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)