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Das Klima des Orts ist vermöge seiner hohen Lage sehr rauh, weßhalb der Winter immer fast 14 Tage früher eintritt, als in dem unteren Theile des Bezirks, und der Frühling so viel später. Man fährt hier oben nicht selten noch im Schlitten, während unten der erste Pflug in’s Feld geht. Nach allen Seiten den Winterstürmen offen, werden die Hohlwege oft Mannstief vom Schnee verschüttet. Der Boden fast der ganzen Markung ist mit Thon gemengter Sandboden, für keine Kultur zuträglicher, als für Kartoffeln, weniger günstig wegen Mangels an Humustheilen für Getreidebau und Wieswachs.

Die 5264 Morgen große Gemeindemarkung enthält 65 Morgen Gärten und Länder, 943 Morgen willkührlich (nicht flürlich) gebaute Äcker, 163 Morgen zweimähdige (hauptsächlich im Thale von Stangenbach) und 847 Morgen nur einmähdige Wiesen, 2411 Morgen Laub-, 181 Morgen Nadel- und 381 Morgen gemischten Wald, wovon 1816 Morgen dem Staate und 31 Morgen der Ortsgemeinde gehören, 116 Morgen Weiden, 8 Morgen Öden. 975 Morgen Wald sind Privateigenthum.

Die Landwirthschaft wird, seit neuerer Zeit auf höhere Anregung, mit Anwendung verbesserter Ackergeräthschaften, namentlich des Belgischen Pfluges, der Brabanter Egge und der Doppelwalze, so gut betrieben, als der magere Sandboden und der Mangel an Düngungsmitteln gestattet. Mit Unterstützung der Centralstelle des landwirthschaftlichen Vereins hat man letzterem Mangel durch Anlegung von Güllenbehältern und durch Überführung der Felder mit Mergel abzuhelfen gesucht. Laubstreue vom Staate aber fehlt. Gebaut wird vorzugsweise Dinkel, Weizen, Roggen, Gerste und Haber. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird auf 3 Scheffel Dinkel, 11/2 Scheffel Roggen und Gerste, 3 Scheffel Haber geschätzt. Von Absatz nach Außen ist nicht die Rede, da die Meisten kaum den eigenen Bedarf erzielen.

Eine eigentliche Brache besteht nicht, da keine flürliche Bewirthschaftung üblich ist, wegen zu großer Vertheilung der Güter. In Folge eines neueingeführten, geregelteren Turnus wird nun auch dreiblätteriger, weißer und Hopfenklee gebaut und die Centralstelle hat mit Staatsunterstützung den Anbau von Frühmais, Runkeln und Riesenmöhren angeregt. Letztere sind seit Erholung der Kartoffeln abgegangen. Kraut und Hanf wird in den Ländern kaum für den eigenen Bedarf zureichend gezogen. Eine Hauptkultur sind die Kartoffeln, welche wegen ihrer Vorzüglichkeit auch vom Thale aus gesucht werden.

Empfohlene Zitierweise:
F. L. I. Dillenius: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Karl Aue, Stuttgart 1861, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAWeinsberg_410.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)