Seite:OberamtCalw 058.jpg

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bis Mai 1849 (neben Menschenpocken); zu Stammheim vom August bis Oktober 1851; zu Oberhaugstett im März und April 1852; zu Neuweiler im Januar bis März 1855. Die Entstehung des Typhus in den angeführten Gäuorten (mit Ausnahme Deckenpfronns) wird begünstigt durch ihre Lage in flach kesselförmigen Bodenvertiefungen, welche von träge schleichenden Bächen durchzogen werden; die Quelle des in dem hoch und frei gelegenen Deckenpfronn im Jahr 1811 ausgebrochenen Typhus wird schwerlich mehr auszumitteln seyn. In den ebenfalls hoch und frei gelegenen Waldorten entspringt der Typhus vornehmlich aus der armseligen Lebensweise, der schlechten Bekleidung, den engen, schlecht gelufteten und meistens übermäßig geheizten Wohnungen, und der Unreinlichkeit des ärmeren Theils der Bewohner, und seine Verbreitung wird durch die Gewohnheit der zahlreichen Krankenbesuche von Verwandten und Bekannten befördert.

Von den übrigen Krankheitsformen hat keine einen solchen Einfluß auf die Sterblichkeit, daß die an derselben Gestorbenen 3 Procent der Gesammtzahl betragen hätten.

Entzündungen des Gehirns und seiner Häute und hitzige Hirnwassersucht kommen bei kleinen Kindern, jedoch nicht sehr häufig, ganz selten bei Erwachsenen vor; wiewohl sie meistens tödtlich sind, so liefern sie doch wegen ihrer geringen Häufigkeit keinen erheblichen Beitrag zur Sterblichkeit. In heißen Sommern, besonders während der Erndte, erfolgen zuweilen schnelle, fast plötzliche Todesfälle durch den Sonnenstich; gewöhnlich sind es vollblütige Mädchen von 20–25 Jahren, die demselben unterliegen. Vom Schlagfluß (Hirnapoplexie) werden besonders Personen beiderlei Geschlechts, welche das 40–50. Lebensjahr überschritten haben, befallen, doch ist diese Krankheit nicht besonders häufig. Der Starrkrampf (Tetanus) ist bisweilen Folge von Verwundungen, und wird durch Vernachlässigung oder Nichtbeachtung der ersten Symptome desselben tödtlich, während bei rechtzeitigem ärztlichem Einschreiten in der Regel die Kranken gerettet werden. Der rheumathische Starrkrampf ist bei Erwachsenen äußerst selten, aber bei Neugeborenen kommt Trismus und Tetanus hie und da vor. Wasserscheu in Folge des Bisses eines wüthenden Thieres ist im Laufe des gegenwärtigen Jahrhunderts bei keinem einzigen Menschen im ganzen Oberamtsbezirk ausgebrochen. Convulsionen sind bei kleinen Kindern ein häufig eintretendes Begleitungssymptom verschiedener, besonders entzündlicher Krankheiten; bei Erwachsenen, namentlich Gebärenden und Wöchnerinnen, sind sie selten, ebenso auch die Epilepsie und der Veitstanz, welch’ letzterer bisweilen Kinder beiderlei Geschlechts vor dem Beginn der geschlechtlichen

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 058. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_058.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)