Seite:OberamtCalw 234.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

indem ein Theil des Felsen weggespitzt, und in der Nähe des Eingangs theilweise trocken zugemauert wurde. Die Höhle selbst theilt sich in 2 Gelasse, in die vordere und hintere Höhle; die vordere, welche 10′ hoch und 15′ lang ist, enthält an der südlichen Wand noch die Überreste des ehemaligen Heerdes, der auch die Stelle des Ofens vertrat; derselbe besteht aus einer großen Sandsteinplatte, unter welcher ein offener Raum für das Feuer angebracht ist. Zu beiden Seiten dieser Öffnung ist rohes Mauerwerk aufgerichtet, auf dem die Steinplatte ruht. Oberhalb, etwas seitwärts dieser Feuerungseinrichtung, geht eine Felsenspalte nach oben, die theilweise ausgemauert ist und als Kamin diente. An den Wänden der Höhle sind noch Reste von steinernen, roh gehaltenen Bänken vorhanden. Von der vorderen Höhle ist die hintere nur durch eine etwa 2′ dicke Felsenwand getrennt; letztere bildet eine ziemlich geräumige Felsenspalte, von der durch die Zwischenwand eine Öffnung (Fenster) zu der vorderen Höhle angebracht ist. Ohne Zweifel hatte der Waldbruder in der hinteren Höhle, die weit geschützter und wärmer als die vordere ist, seine Schlafstätte. Vor der Höhle befindet sich ein ebener Raum, der gegen Osten mit einer 10′ hohen Mauer, die auf einem 15′ hohen senkrechten Felsen sitzt, unterfangen ist. Vermuthlich hatte sich hier der Waldbruder ein kleines Gärtchen angelegt. An der Felsenwand befindet sich eine 10′ hohe und 3′ breite Spalte, nach der Sage der Keller des Einsiedlers; sie ist künstlich überwölbt und führt gegen 30′ tief in den Felsen hinein.

In der Nähe von Hirschau lagen die abgegangenen Orte Gumbrechtsweiler und Nagoldhardt, beide schon im 9. Jahrhundert an das Kloster Hirschau gestiftet (Cod. Hirsaug. 25a) und als uraltes Klostergut in der Urkunde K. Heinrich IV. vom 9. Okt. 1075 für Kloster Hirschau aufgeführt.

An den Ort knüpft sich die Sage, K. Heinrich III. habe in hiesiger Mühle als Sohn eines Calwer Grafen Lupold das Licht der Welt erblickt. K. Konrad II. (der wirkliche Vater des nach der Wahrheit in Geldern geborenen K. Heinrichs III.) habe Heinrichen als Sohn eines Landfriedensstörers umbringen lassen wollen, habe aber in einer wunderbaren Vereitlung seines einschlägigen Planes den Finger Gottes gesehen, und dem zum Jüngling Herangereiften seine Tochter zur Ehe und damit die Anwartschaft auf das Reich gegeben. Schon seit den 1180er Jahren ist diese Geschichte, welche bei Grimm Deutsche Sagen 2, 177 und Stälin Wirt. Gesch. 1, 486 umständlicher erzählt ist, durch das Pantheon Gottfrieds von Viterbo in viele Geschichtsbücher übergegangen.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_234.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)