Seite:OberamtCalw 343.jpg

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bedeckten Gangs mit dem Brunnenhaus verbunden und somit auch in den Complex der zur Kuranstalt gehörigen Gebäude gezogen.

Die Kirche[1], das erste der genannten Gebäude von 1662–1665 unter Herzog Eberhard III. in einem ganz einfachen Style erbaut, ist geräumig, durchaus im Rococcogeschmack ausgestattet und enthält außer einem in Stein gut ausgeführten Bild des Gekreuzigten, eine Art Altarschrank mit Flügelthüren, die sog. Turris Antonia darstellend, ein kabbalistisches Gemälde, von der Prinzessin Antonia, einer Tochter Herzogs Johann Friedrich (Schwester Eberhards III.), welche 1679 starb, gestiftet[2].

Die für Bad- und Brunnengäste dienenden, dem Staat gehörigen Gebäude sind insbesondere

1) das an die Kirche anschließende K. Palais oder das Herrschaftsgebäude zu Anfang des vorigen Jahrhunderts von Herzog Eberhard Ludwig erneuert und vergrößert, später von Herzog Carl und zuletzt von König Friedrich, dessen Tochter Katharina im J. 1808 als Königin von Westphalen mit glänzendem Gefolge hier wohnte, in


  1. Der Stadtpfarrer in Zavelstein hat die Verpflichtung, während der Badezeit jeden Sonntag in Teinach zu predigen; früher bestund hier die Stelle eines Badvicarius.
  2. Abt Oetinger von Murrhardt († 1782) hat noch als Spezialsuperintendent in Herrenberg diesem räthselhaften Bild eine eigene Schrift gewidmet, betitelt „öffentliches Denkmal der Lehrtafel einer weyl. Würt. Princessin Antonia in Kupfer gestochen, dessen Original sie von den 10 Abgläntzen Gottes in dem Dainachischen Brunnen in einem prächtigen Gemählde gestiftet u. s. w. Tübingen 1763.“ (Neu herausgegeben – als Abth. 2. Bd. 1 von Oetingers sämmtlichen Schriften – von Ehmann, Stuttgart 1858). Nach Oetinger wollte die Prinzessin durch diese Tafel nicht nur den Kurgästen, sondern auch ganz Württemberg eine sichtbare Predigt halten 1) von der Dreifaltigkeit, 2) von den 7 Geistern Gottes, 3) von Christo; auch soll die Tafel bedeuten, daß wir in Christo das alte und neue Testament in einem Blick zusammenfassen lernen sollen. Über dem Mittelbild stehen in hebräischer Sprache die Worte Psalm 37, 4.: „Habe deine Lust an dem Herrn, der wird dir geben was dein Herz wünschet;“ unter demselben steht ebenfalls in hebräischer Sprache der Name der Stifterin und die Zahl 2005, welche nach der kabbalistischen Buchstabenrechnung aus dem Namen der Prinzessin herauskommt. Auf den Flügelthüren steht einerseits die Stelle Psalm 31, 20., auf der andern Johann Jacob Ströhlin Priester des Herrn zu Münster. Dieser Ströhlin, welcher die Prinzessin in der kabbalistischen Wissenschaft unterrichtete, war der eigentliche Erfinder dieser räthselhaften Darstellungen.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtCalw_343.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)