Seite:OberamtMergentheim0622.jpg

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ehliche Hausfrau.“ Die Kirche wird im Chor durch schön ornamentirte Glasfenster, von Wilhelm in Stuttgart, belebt. Eine in Holz geschnitzte Madonna auf dem linken Seitenaltar ist noch alt, spätgothisch und sehr schön. Altäre und Kanzel sind von Maintel in Horb, Chorstühle und Kommunikantenbank von Schreiner Michel in Igersheim in ansprechendem neugothischem Geschmack verfertigt. Auch besitzt die Kirche ein schönes 21/2 Fuß hohes Perlmutterkreuz aus der Rococozeit. Außen an der Westseite sieht man sodann im freundlichen ummauerten Friedhof einen steinernen spätgothischen, im vorigen Jahrhundert wiederhergestellten Ölberg. – Den Chor der Kirche hat die Stiftung, das Schiff die Gemeinde zu unterhalten, dagegen ruht die Unterhaltung des schönen, 1834 erbauten Pfarrhauses auf dem Staat.

Glockenthurm besitzt die Kirche keinen; derselbe steht hoch und bedeutend auf dem Engelsberg, in der Nähe der zweiten Kirche des Orts, der Margaretenkirche, Bergkirche, stammt aus spätgothischer Zeit und endigt in einen sehr spitzen, spätgothischen Schieferhelm, und hat ein Tonnengewölbe im untersten Stockwerk. An seiner Seite gegen das Dorf hinab sieht man das Wappen eines Deutschmeisters und: Anno domini M.CCCCLXXXXIIII (1494) in guter spätgothischer Schrift; im dritten Stock ein schön gefülltes spitzbogiges Schallfenster. Von den hier aufgehängten drei Glocken ist die größte mit Weinlaub verziert und hat die Inschrift: o crux ave spes unica. 1522, die zweite ebenso alte mit gothischem Fries umzogene: maria virgo interpelle deum pro populo cadolico. Die dritte Glocke wurde 1860 umgegossen.

Dieser Thurm ist ein Theil jener alten Klosteranlage, Beguinenkloster, die noch mit Mauern umgeben gebieterisch über Markelsheim thront. Das Hauptgebäude hat einen Staffelgiebel und unter sich einen großen Keller.

Die Kirche selbst ist in ihrer Anlage sehr alt, romanisch, endigt gegen Osten in eine, noch erhaltene halbrunde Abside; davor stand ohne Zweifel ein Ostthurm (wie an der Kunigundenkirche bei Waldmannshofen, oder an der Kirche zu Belsen). Die alten Rundbogenfensterchen sind jetzt vermauert; an der Südwand des 1740 erneuerten Schiffes erhielt sich noch der ursprüngliche, auch vermauerte rundbogige Eingang. Das Mauerwerk ist schlecht, so daß hier stehende Birnbäume als Strebepfeiler benützt werden.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 622. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0622.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)