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Die höchst unförmliche Kirche besteht aus einem sehr alten schwerfälligen Ostthurm, der ohne Zweifel der Überrest einer hier gestandenen sehr alten Kapelle ist und zugleich zur Vertheidigung, Sperrung des Vorbachthales diente, wie ja auch an der Kirchhofmauer noch zwei weitere, runde Thürme standen. Über einem Fenster dieses alten Ostthurmes steht 1778, das Jahr des Umbaues und der Erweiterung der alten Kirche. Innen im Thurm sieht man auf der ersten Empore eine alte Skulptur eingemauert, ein bärtiger Mann, der die Hände faltet; das Schiff der Kirche besitzt ein gutes spätgothisches Gemälde fränkischer Schule, früher Flügel eines Altars, dessen Schrein sich noch auf der Kirchenbühne befindet, darauf Christus mit der Weltkugel, die Rückwand, ganz verdorben, trug, – soviel noch zu vermuthen ist, – das Bild einer Heiligen (Maria). Die größte Glocke ist 1863, die zweite 1868 von König in Langenburg gegossen, die dritte alt und inschriftlos. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Stiftung. Gegenüber der Kirche an der Straße steht ein altes Steinkreuz.

Der 1816 angelegte, 1855 erweiterte Friedhof liegt außerhalb des Orts. Das Pfarrhaus, 1786/87 erbaut, ist ebenfalls von der Stiftung zu unterhalten. Das 1834 erbaute Schul- und Rathhaus enthält auch die Lehrerwohnung. Ein kleines Armenhaus besteht.

Gutes Trinkwasser liefern stets reichlich 3 laufende und 34 Pumpbrunnen; nebendem sind noch 3 laufende Brunnen außerhalb des Orts, davon 2 am Rinnenweg.

Die Vizinalstraße von Laudenbach nach Niederstetten führt durch den Ort, eine steinerne Brücke im Ort über den Vorbach.

Die Vermögensverhältnisse der Einwohner sind befriedigend, der Mittelstand herrscht vor. Der größte Grundbesitz beträgt 55 Morgen, der des Mittelmanns 18 Morgen, der ärmeren Klasse 3 Morgen Feld. Auf den angrenzenden Markungen haben die hiesigen Bürger etwa 150 Morgen Güter.

Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht, besonders aber im Weinbau, der sehr stark betrieben wird. Die Gewerbe sind untergeordnet. Zwei Mahlmühlen befinden sich innerhalb des Orts, eine mit drei Mahlgängen und einem Gerbgang, die andere mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang, desgleichen eine Sägmühle. Zwei Schildwirthschaften und zwei Kaufläden bestehen.

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann, Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Mergentheim. W. Kohlhammer, Stuttgart 1880, Seite 747. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtMergentheim0747.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)