Seite:Oberamt Aalen 185.jpg

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Quadern, hat aber, wie auch der gleichmäßig massive Thurm, ein schwerfälliges Aussehen, letzterer 21′ im Quadrat und bis zur kupfernen Dachkuppel 90′ hoch, aber nur wenig über das Kirchendach hervorragend. Die Kirche im Lichten ist 120′ lang, 52′ breit, 35′ hoch, ihre innere Einrichtung aber verläugnet alle kirchliche Tradition, indem ein Chor gänzlich fehlt; die Kanzel ist an der südlichen Langseite angebracht, unter ihr, nur um einen Tritt über den Kirchenboden erhöht, der Altar, in der Mitte der Taufstein. Außerdem ist Einfachheit eine Zierde dieses Betsaals, der für die außerordentlich angewachsene Gemeinde eigentlich schon lange zu klein ist, was aber bei dem gegenwärtigen Kirchenbesuche nur selten hervortritt, außer daß es für die Schuljugend an Plätzen sehr mangelt.

Der ganze Bau hat über 40.000 fl. gekostet und große Summen hintendrein der Prozeß beim Reichshofrathe gegen die Propstei Ellwangen, deren subsidiäre Baupflicht die Stadt behauptete und in Anspruch nahm, weil die Propstei das Patronat und den gesammten Zehnten besaß, auch sonst immer als Kirchherrn sich geltend gemacht hatte. Wirklich erfolgte auch zuletzt ein der Stadt theilweise günstiges Urtheil, worin Ellwangen verurtheilt wurde, am Kirchenschiff eine von Aalen noch nachzuweisende Quote zu bezahlen. Der Rath jedoch, wahrscheinlich des ewigen Zahlens müde und an nachdrücklicher Execution verzweifelnd, unterließ es, die Sportel zu bezahlen, so daß jenes Urtheil nicht rechtskräftig publicirt wurde, späterhin versäumte der Magistrat die gesteckte Frist, den Prozeß bei den württemb. Gerichten neu anhängig zu machen, wahrscheinlich im guten Glauben, daß es sich ja doch bloß um die – zum Theil mit Hülfe von Beisteuern fast sämmtlicher deutschen Reichsstädte – schon bezahlten Baukosten von 1765/66 handle. Inzwischen ist die alte Heiligenpflege mit ihrem kleinen Vermögen außer Stands, Hauptbauten zu bestreiten.

Noch steht auf dem Kirchhofe eine St. Johannis-Kapelle, 1561 mit einem Beitrage Ellwangens von 30 Tannenstämmen – neu aufgebaut und 1802 von der Stadt etwas erweitert, um für eine neugestiftete Orgel Raum zu schaffen. Das Gebäude ist durchaus unansehnlich, mit unbedeutenden Grabsteinen und Gedenktafeln, ausgenommen etwa mehrere Tafeln von Häfnersarbeit aus den Jahren 1576, 78 und 79, welche im Hintergrund die Stadt Aalen darzustellen scheinen, freilich oberflächlich genug, während im Vordergrunde Christus am Kreuze steht, zu seinen Füßen je die Personen knieend, denen diese Grabdenkmäler geweiht sind.

Freundlich gelegen und hinreichend geräumig ist der Gottesacker um diese Kapelle her, 5 Minuten westlich von der Stadt, etwas

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: Beschreibung des Oberamts Aalen. J. B. Müller's Verlagshandlung, Stuttgart 1854, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Aalen_185.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)