Seite:Oberamt Gmuend 263.jpg

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Karl Eduard Paulus der Ältere unter Mitarbeit von seinem Sohn Eduard und – für das Geschichtliche – von Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd

Lutherthum zu wehren. Einer der Helfer des Stadtpfarrers, Andreas Altheimer, predigte öffentlich Luthers Lehre; ein Theil der Bürgerschaft machte ihn deßwegen zu ihrem Pfarrer und er verheirathete sich. In allen Kirchen fiel Altheimer den katholischen Predigern in die Rede und diese waren von seinem Anhang bedroht 1526. Der Rath berichtete darüber an den schwäbischen Bund und Kaiser und vertrieb endlich den Prädikanten, der von Wittenberg aus wiederholt bat, ihn zu Gmünd als Pfahlbürger aufzunehmen. Die lutherisch gesinnten Bürger kamen in große Aufregung, rotteten sich bewaffnet zusammen und brachen gewaltsam ins Predigerkloster ein. Dagegen verbanden sich Priesterschaft und Rath eher Leib und Leben zu lassen, als eine Religionsveränderung zuzugeben; der schwäbische Bund gewährte Hilfe.

Die Wiedertäufer regten sich 1528 und zwei Bürger wurden als solche verbannt. 1529 kam ein Martin Zehentmaier von Langenmoos als Missionär und fand großen Anhang, über 100 Personen, von denen 40 standhaft blieben auch als sie ins Gefängniß geworfen wurden. Jedoch nach 42 Wochen bei Wasser und Brot waren blos noch 7 fest, welche geköpft wurden. Heimlich aber blieben immer noch viele Leute wiedertäuferisch oder lutherisch gesinnt und auch an heimlichen Prädikanten fehlte es nicht (bes. M. Franz Stadion von Göppingen), wenn gleich einige verheirathete Kaplane wieder zur Priesterschaft sich wendeten. Der Rath erließ Verordnungen gegen die Verachtung der heil. Sacramente und bedrohte die Hartnäckigen mit Beerdigung durch den Wasenmeister. Am eifrigsten in Vertheidigung des alten Glaubens und Zurückführung der Abgefallenen waren die Franziskaner.

Alle diese Arbeit schien einen Augenblick verloren, als im schmalkaldischen Krieg der Kurfürst von Sachsen Gmünd eroberte 1546 und nun auch verlangte, die Stadt solle das Papstthum abschwören und die angsburgische Confession annehmen, was für den Augenblick versprochen werden mußte. Bald aber entband der Kaiser ausdrücklich den Rath und die Gemeinde des erzwungenen Versprechens und befahl am katholischen Religionswesen nichts zu ändern, das Geänderte wieder herzustellen. Für solche Errettung sollte eine ewige Dankprocession am St. Catharinentag gehalten werden und Bürgermeister Rauchbein veranlaßte den Rathsbeschluß, daß alle Rathsherrn mit dem Rosenkranz bei den Sitzungen erscheinen und mit einem Gebet vor dem Crucifix beginnen, was bis 1803 geübt wurde. Diesem Rauchbein schenkte Karl V. zum Zeichen seines Wohlgefallens 1552 einen Kelch, welchen Rauchbein in die Pfarrkirche stiftete, die 1550 renovirt worden war, die Vorkirche neu gewölbt, der Chor schön getäfert, neue Kirchenstühle und neuer Predigtstuhl u. s. w.

Doch unter der Bürgerschaft lebten immer noch andere Neigungen

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus, Eduard Paulus, Hermann Bauer: Beschreibung des Oberamts Gmünd. Stuttgart: H. Lindemann, 1870, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Gmuend_263.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)