Seite:Oberamt Leutkirch 225.png

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Seibranz ist auf einer kahlen, rauhen und windigen Höhe gelegen, über dem Anfang des Gospoldshofer Thales, an der Vizinalstraße von Wurzach nach Schloß Zeil, nicht ganz 1 g. Stunde von diesem Amtssitz, und 2½ von der Oberamtsstadt Leutkirch. Die Pfarrkirche zum heil. Ulrich ist unscheinbar und hat einen häßlichen, aber hohen alten Thurm. Der unbedeutende Kirchenfond, auf welchem die Baulast der Kirche, des Pfarr- und Meßnerhauses ruht, hat 1380 fl. Kapital, 38 M. Wald und 53 fl. jährlicher Geldeinnahme an Pachtgefällen, Grundzinsen u. s. w. Subsidiär ist der Großdezimator für die Baulast, die Gemeinde für die Kultkosten verbindlich. Aus einer im standesherrlichen Archiv zu Zeil befindlichen Urkunde des Kaisers Friedrich III. vom Jahr 1474 ersieht man, daß auf dem Berg „zum Sybrandß“ schon in alten Zeiten eine Pfarrkirche gewesen, diese aber aus Armuth in Abgang gekommen, die Bewohnerschaft von Seibranz nach Unter-Zeil eingepfarrt und die Kirche in eine bloße Kapelle verwandelt worden war. Kraft der genannten Urkunde wurde nun die Pfarrkirche in Seibranz redotirt und ihr die reichslehenbaren Zehenten von und zu Seibranz angewiesen. Im Jahr 1608 aber wurde die Pfarrei dem neu errichteten Kollegiatstift Zeil inkorporirt, und durch dessen ersten Kanonikus versehen. Eine abermalige Redotation erfolgte 1825 nach dem Ableben des letzten Stiftsprobstes (s. oben Schloß Zeil). Das Patronat steht den Fürsten von Zeil und Wurzach alternirend zu. Die Pfarrei war dem Landkapitel Isny zugetheilt. Die fromme Sage läßt hier ein Zusammentreffen der beiden heil. Bischöfe von Augsburg und Konstanz, Ulrich und Konrad, ums Jahr 950 Statt gefunden haben, bei welcher Gelegenheit der heil. Ulrich durch ein Wunder einem Brunnen in der Nähe des Orts die Entstehung gab, dem der Glaube des Volks noch jetzt heilsame Kräfte zuschreibt. – Das Kloster Weingarten besaß hier ein Hofgut, das Kolbengut genannt, wahrscheinlich eine Stiftung des Cuno von Sigebrandesberg (zwischen 1108–1136 unter Abt Cuno, Hess. Monum. Guelf. S. 50), welches 1802 mit andern Gütern in der Herrschaft Zeil der Landesherrschaft überlassen wurde.

Auf einer abgelegenen Anhöhe ¼ Stunde von dem Ort ist der sogenannte Pestacker, ein mit einer Hecke eingefriedigter Raum, wo in alten Zeiten die an der Pest Gestorbenen aus der Umgegend, so wie die justifizirten Verbrecher begraben worden seyn sollen.

2) Feldthörle, Hof mit 10 Einwohnern, auf der Markung von Starkenhofen, ehemals ein Jägerhaus, auf ausgestockter Waldung erbaut.

3) Herrenbühl, Weiler mit 13 Einwohnern, an der Vizinalstraße nach Wurzach.

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Beschreibung des Oberamts Leutkirch. Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1843, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Oberamt_Leutkirch_225.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)