Zum Inhalt springen

Seite:Ossendowski - Schatten des dunklen Ostens.djvu/21

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens

Eine alte verlassene Hütte wird gewählt und stark ausgeheizt, weil der Teufel Wärme braucht.

Hinter dem Ofen, wo nach des Zauberers Behauptung der Teufel zu ruhen beliebt, werden für ihn Schaffelle und Fetzen gebreitet.

Am Fußboden wird mit dem Blute eines schwarzen Hahnes ein Kreis gezeichnet, in welchem man Honig, Milch, Salz und Grütze zum Gastmahl für den „Schwarzen“ bereitstellt.

In die so vorbereitete Hütte führt man nun um Mitternacht, mit gebundenen Händen und aufgelöstem Haar, ein junges Mädchen im Alter von 14—15 Jahren.

Mit dem Haar des armen Opfers soll der Dämon nun sein Spiel treiben, damit er anderes Haar künftighin in Ruhe läßt.

Nach so einer Versöhnungsnacht mit dem Teufel verfällt das preisgegebene Mädchen meistens in Wahnsinn oder Hysterie und bleibt sein ganzes Leben lang anormal.

Diese armen Wahnsinnigen genießen aber stets des Dorfes größte Hochachtung, denn sie haben ja den Dämon gesehen, mit ihm geschmaust und ihn mit Schnaps bewirtet.


Der Schwabenfänger.

Auch Städte wie Petersburg, Odessa, Moskau, Kiew und Charkow sind von Hexenmeistern heimgesucht.

Natürlich sind es hier die ärmsten Schichten der Städte, die den Zauberern Zuspruch geben. Aber auch in die Paläste verirrt sich dann und wann einer.

Ich erinnere mich an das Jahr 1897.

Damals unterrichtete ich die Kinder eines hohen Beamten, der im schönen Palast des Fürsten Leuchtenberg, eines Verwandten der kaiserlichen Familie, seine Wohnung innehatte.

Eines Tages teilte mir mein Zögling mit, daß sich in der Küche und im Speisesaal die Schwaben derart vermehrt hätten, daß man nach einem Zauberer gerufen, damit er sie vertreibe.

Da der Zauberer gerade bei der Arbeit war, ging ich, mir das Schauspiel anzusehen.

Der Schwabenfänger, ein altes, kleines, zerlumptes Männlein, hat eben einen Käfer gefangen, sieht sich das Tierchen von allen Seiten

Empfohlene Zitierweise:
Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens. Eurasia, Wien 1924, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ossendowski_-_Schatten_des_dunklen_Ostens.djvu/21&oldid=- (Version vom 15.9.2022)