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auf das sie im kalten Kirchenraum die Füße stellen. Den Kindern wurden auch ausgezeichnet hergestellte Tierfiguren ge­schenkt, weder so roh und plump, wie die Erzgebirgische Dutzendware, noch so seltsam, wie die durch die neueste Kunstbewegung empfohlenen Gestalten. Sie waren, obwohl schon um 1825 gekauft, noch 1860 vorhanden und in gutem Stande.

Bei diesem schlichten Leben, das der wackere Mann in den täglichen Niederschriften festhält, zeigt er eine wahrhaft dankbare Gesinnung. Aus einfachsten Verhältnissen ist er zu Ansehen und einem gewissen Wohlstand gelangt. Bei besonderen Vorfällen kommt ihm das so recht zum Bewußtsein, und es drängt ihn, dies in seinem Tagebuche auszusprechen.

So schreibt er, als er seinen ältesten Knaben mit 61/2 Jahren am 14. Februar 1820 zum ersten Male zur Schule führt: „Nach 9 Uhr gingen wir, mit dem Segen der Mutter begleitet, aus dem Hause. Inniger Rührung und des heißesten Dankes voll ging ich auf der Gasse mit dem guten Julius bei sehr heiterem Wetter und blickte oft auf den wolkenlosen Azur, um dem himmlischen Vater so recht aus voller Seele zu danken für das unendlich viele Gute, das er uns bisher erleben ließ. Welche Masse von Betrachtungen liegt zwischen meinen Schuljahren und dem ersten Eintritt meines ältesten Knaben in die Schule! – Ich übergab Julius dem Schulrath Günther, der ihm seinen Platz zwischen zwei hübschen Knaben anwies. Er hatte zu seinem Anfange auf einer Schiefertafel Parallellinien zu malen. Um ihn zu ermuntern, kaufte ich beim Conditor nachher eine Zuckerdüte und trug sie dem Schulrath heimlich hin, damit sie ihm dieser zur Belohnung geben konnte. Beim Nachhausekommen traf ich die gute Emilie eben so gerührt an, wie ich es war, und vereint stiegen unsere stillen Gebete zu Gott empor für die fernere Erhaltung unserer Kinder.“

Diese dankbare, fast feierliche Stimmung dauerte bei ihm noch am nächsten Tage an; es war sein Geburtstag und zugleich Fastnachtsdienstag; so wurde denn der Tag besonders gefeiert. Die Personen seines Haushaltes, Verwandte und Freunde ge­stalteten den Tag so festlich wie möglich, durch Geschenke, Gedichte und Trinksprüche. Nach heiterem Mittagsmahle und Kaffee ging

Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/42&oldid=- (Version vom 5.3.2024)