ist, da kann sein Unterricht nicht stattfinden. Der Eigenliebige kann ihn nicht annehmen; und das, was im Menschen unterrichtet werden soll, wird von der Eigenliebe unterdrückt und furchtsam gemacht, und wagt es also nicht, zum Gehorsam zu schreiten. – O! was wollte mein Vater oder meine Mutter sagen? Wie würde mein Mann mich behandeln? oder endlich: wie würde die Obrigkeit mit mir verfahren? Denn wenn ich auch von Diesem und Jenem eine ganz klare und kräftige Ueberzeugung und völlige Gewißheit in meinem Herzen habe, und doch wieder bedenke, wie ungebräuchlich es ist, was für Feinde die Sache hat, und was für ein seltenes und sonderbares Ansehen ich mir dadurch geben würde; so hoffe ich, Gott wird Mitleid mit meiner Schwachheit haben. Unterliege ich, so bin ich ja nur Fleisch und Blut. Vielleicht wird Gott mich späterhin besser in Stand setzen; und ich habe ja auch noch Zeit. So vernünftelt, so schließt der eigenliebige, furchtsame Mensch.
Nichts ist gefährlicher als ein solches Berathschlagen mit seiner Selbstliebe. Die Seele ist in solchen Unterhandlungen immer der verlierende Theil; denn die nöthige Kraft, welche die Offenbarung des göttlichen Willens mit sich führt, wird nur im Gehorsame gegen denselben gefunden. Auch hat Gott nie Jemand von Etwas überzeugt, ohne ihn nicht mit Kraft dazu auszurüsten, sobald er sich seinem Willen unterwarf. Er verlangt nichts, wozu er nicht auch die Fähigkeit verleihet, es zu thun. Das hieße ja sonst die Menschen zum Besten haben, nicht, sie selig zu machen. Es ist aber genug, wenn du im Stande bist, deine Pflicht zu thun, die Gott dir als solche anzeigt; und dieses wirst du können,
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/069&oldid=- (Version vom 1.8.2018)