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Lehren und auch ein besseres Beispiel gegeben hat. Freilich nennen sie ihn noch immer ihren Herrn; allein sie lassen sich von ihrem Ehrgeize beherrschen, und lieben Ansehen und Macht weit mehr als ihren Nächsten. Um diese zu erlangen, erlauben sie sich, einander zu erwürgen; obgleich der Herr ihnen geboten hat, „nicht nach Hoheit und Herrschaft zu streben, sondern einander zu lieben und zu dienen.“[1] Was aber die Trauerscenen noch schrecklicher macht, ist, daß die Wuth dieser furchtbaren Leidenschaft des ehrgeizigen Strebens nach Größe und Macht sogar die Bande der Natur zerreißt, und ihr die zartesten Gefühle natürlicher Liebe und Zuneigung zum Opfer gebracht werden. Daher finden wir so oft die Blätter der Geschichte mit Ermordungen von Aeltern, Kindern, Geschwistern, Oheimen, Neffen, Vorgesetzten u. s. w. befleckt.

§. 7. Sehen wir uns in den entfernten Weltgegenden um, so hören wir selten von Kriegen; in der Christenheit selten von Frieden. Hier muß oft der geringfügigste Gegenstand zu einer Veranlassung des Streites dienen; und es ist kein Bündniß so heilig oder unverletzlich, daß man nicht künstlich zu umgehen oder aufzulösen verstände, sobald nur von Ausdehnung des Gebietes die Rede ist. Es wird wenig in Betrachtung gezogen, welche, oder wie viele Menschen dabei ums Leben kommen, oder zu Wittwen und Waisen gemacht werden, oder ihr Eigenthum und ihren Lebensunterhalt verlieren; welche Länder zu Grunde gerichtet, welche Städte und Ortschaften verheeret und ausgeplündert werden; wenn nur dadurch die Ehrgeitzigen ihre Zwecke erreichen können.


  1. Matth. 18, 1–9. Mark. 9, 33–37.
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Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)