unersättliche Auge der eitlen Menschen verlangt prachtvolle Ueberflüssigkeiten; als ob ihre Kleider bloß der anzubringenden Verzierungen wegen gemacht werden müßten, und nur zur Schau, aber nicht zum Tragen bestimmt wären. In wiefern sie die Blöße bedecken, gegen Kälte schützen und der Anständigkeit des Geschlechtes entsprechen, darum scheint man in der That sich wenig mehr zu bekümmern; indem sie nur zu augenscheinlich so eingerichtet werden, daß sie den Stolz, die Eitelkeit und Lüsternheit Derer, die sie tragen, verrathen.
§. 7. Vorzeiten bestanden die besten Erhohlungen der Menschen darin, daß sie Gott dienten, Gerechtigkeit übten, ihren Berufsgeschäften nachgingen, ihre Heerden weideten, Andern Gutes thaten und körperliche Uebungen vornahmen, die mit der Mäßigkeit und Tugend übereinstimmten und ihrer Ernsthaftigkeit und Würde angemessen waren. Jetzt wird der Name Erhohlung fast jeder Thorheit beigelegt, die nur einigermaßen über offenbar schändliche Ausschweifungen erhaben ist, wiewohl selbst Diejenigen, die sie begehen, darüber erröthen müssen, wenn sie bedenken, was sie gethan haben. So weit sind die Menschen sogar von dem Zustande, in welchem Adam nach seinem Ungehorsame sich befand, entartet und abgewichen! So viel vertrauter sind sie mit allen Lastern und so viel klüger und geschickter in ihrer Ausübung geworden! Ja, so unempfindlich hat endlich die Gewohnheit ihre Gemüther gegen den Zwang und die Unbequemlichkeit gemacht, die fast beständig mit der Kleiderpracht verbunden sind, daß diese Mittel zur Bedeckung der Blöße des Menschen, die einst die Nothwendigkeit einführte, jetzt die Sorge, das Vergnügen, die Ergötzung, ja, das Dichten
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/290&oldid=- (Version vom 1.8.2018)