oder später werden sie sich verwirklichen, nach Jahren, deren Zahl mit Millionen Stellen geschrieben werden müßte. Dieser Vorbehalt blieb jedoch ganz theoretisch, er war nicht sehr beunruhigend, und das Carnotsche Prinzip behielt seinen ganzen praktischen Wert. Hier aber ändert sich die Lage der Dinge. Der Biologe hat, mit seinem Mikroskop bewaffnet, seit langem in seinen Präparaten ungeordnete Bewegungen kleiner, suspendierter Teilchen bemerkt, die Brownschen Bewegungen. Er glaubte anfangs, daß es sich um eine Lebenserscheinung handle; bald aber sah er, daß unbelebte Körper mit nicht geringerer Lebhaftigkeit tanzten als andere; er hat die Sache dann den Physikern überlassen. Unglücklicherweise haben sich diese lange Zeit nicht dafür interessiert; das Licht wird konzentriert, um das mikroskopische Präparat zu beleuchten, dachten sie; Licht ohne Wärme ist unmöglich, daher die Ungleichheiten der Temperatur und in der Flüssigkeit innere Strömungen, die diese Bewegungen hervorbringen.
Gouy hatte den Gedanken, näher zuzusehen, und er sah oder glaubte zu sehen, daß diese Erklärung unhaltbar sei, daß die Bewegungen um so lebhafter werden, je kleiner die Teilchen sind, daß sie aber von der Art der Beleuchtung nicht beeinflußt werden. Wenn also die Bewegungen nicht aufhören oder vielmehr endlos neu entstehen, ohne äußeren Quellen der Energie irgend etwas zu entnehmen, was sollen wir glauben? Wir dürfen natürlich nicht auf die Erhaltung der Energie verzichten, wir sehen aber, wie sich unter unseren Augen manchmal die Bewegung durch Reibung in Wärme umsetzt, manchmal die Wärme sich umgekehrt in Bewegung verwandelt, und zwar ohne daß etwas verloren geht, da die Bewegung immer währt. Das ist das Gegenteil vom Carnotschen Prinzip. Wenn es so ist, so bedürfen wir, um die Welt rückwärts gehen zu sehen, nicht mehr des
Henri Poincaré: Der gegenwärtige Zustand und die Zukunft der mathematischen Physik. Der Wert der Wissenschaft, B. G. Teubner, Leipzig 1904/6, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PoincareKrise.djvu/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)