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irgend einer Beziehung die bereits vorhandenen Obstsorten übertreffen, durch Wort und Schrift und durch öfters zu wiederholende Obstausstellungen weiter zu empfehlen und zu verbreiten.

2) Dem einzelnen Privatmanne dagegen ist durchaus nicht zu rathen, sich bei seinen Anpflanzungen auf die Empfehlungen speculirender Privatpersonen hin sogenannte neue, noch nicht geprüfte und bewährte Obstsorten kommen zu lassen, weil – selbst abgesehen von den höheren Kosten – nur wenige derselben so gut und brauchbar seyn werden, wie die bereits für seine Gegend bewährten und in jeder guten Baumschule in gehöriger Auswahl vorhandenen guten Obstsorten.




II. Praktischer Obstbau und Obstbenutzung.



Beiträge zur Kultur des Himbeerstrauchs.
Von Garteninspektor Lucas in Hohenheim.

Obgleich dieser Strauch schon den Alten als Brombeere vom Berge Ida bekannt war, hat derselbe im Verlauf der Zeit doch nur wenig von seiner ursprünglichen Beschaffenheit verloren[1]. Erst in jüngster Zeit sind zahlreiche und zum Theil sehr werthvolle neue Varietäten erzielt worden, unter denen die Fastolff-Himbeere und die Merveille des quatre saisons (eine Art Monatshimbeere) die hervorragendsten und beliebtesten geworden sind. Die „Schöne von Fontenay,“ eine Zwerghimbeere von ausgezeichneter Güte und Fruchtbarkeit, und die in den Annales de Pomologie abgebildete Victoria-Himbeere, werden sich bald jenen bei uns berühmt gewordenen Sorten anreihen und sich in unseren Gärten als Lieblinge einbürgern.

Die Fastolff-Himbeere, die größte, saftvollste und aromatischste der bekannten Sorten, ist in England gezogen worden. Bivort’s Album, welches eine vortreffliche Abbildung dieser Sorte im Jahrgang 1851 liefert, sagt, daß nach Angabe des Gardener’s Chronicle diese schöne Himbeere schon vor 25 Jahren (?) in dem Garten des Colonel Lucas zu Filby-House bei Yarmouth aufgefunden worden wäre, ihre Kultur aber viele Jahre auf die Umgebungen von Filby beschränkt geblieben, so daß sie erst seit 4–5 Jahren in die Gärten des Kontinents gekommen sey. Diese Angabe scheint etwas zweifelhaft, indem es in der That unerklärlich wäre, wie eine so ausgezeichnete neue Sorte 20 Jahre lang in England cultivirt worden sey, ohne daß der so ungemein rührige Speculationsgeist der englischen Gärtner davon Notiz genommen hätte.

Die Fastolff-Himbeere treibt sehr starke, auf der Sonnenseite röthlich angelaufene Schoße mit ziemlich zahlreichen doch nicht sehr starken, theils auf- theils abwärts gekrümmten röthlichen Stacheln bekleidet. Das Blatt ist gefiedert, 3–5blättrig, die Blättchen breit eirund, von starker Textur, schöner dunkelgrüner Oberfläche und unterhalb stark befilzt.

Besonders kenntlich ist die Frucht, die sehr groß, dunkelroth, stumpfkegelförmig und von festerer Beschaffenheit als die der anderen Himbeeren ist, wodurch sie sich sowohl zum Einmachen, wie zum Marktverkauf,


  1. Annales de Pomologie 1854.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_053.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)