Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 054.jpg

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besonders aber zum Versenden, vorzüglich eignet.

Die Merveille de quatre saisons-Himbeere (Wunder der vier Jahreszeiten) wurde nach Bivort’s Album bei Simon Louis in Metz aus dem Samen der Fastolff-Himbeere erzogen; sie trug 1847 das erste Mal; jetzt zeigt dieselbe Pflanzenhandlung eine neue Abart dieser Sorte mit weißen Früchten an, jedenfalls eine sehr interessante Acquisition für unsere Gärten. Was die Abstammung obiger Sorte, die zu den Alpen- oder Monats-Himbeeren gehört und recht füglich „Metzer große rothe Monats-Himbeere“ genannt werden könnte, betrifft, so ist es kaum glaublich, daß sie aus der Fastolff entsprungen sey, da sie in allen Theilen von letzterer sehr verschieden ist; eher möchte ich glauben, daß sie eine Hybride sey von der Fastolff und der ächten stachellosen Monatshimbeere[1], da sie die röthlichen Stacheln der erstern und die übrigen Eigenschaften der letztern zeigt. Es ist diese Sorte sehr kenntlich und unterscheidet sich namentlich von der Monats-Himbeere (die heute den 10. September hier ihre ersten Früchte in diesem Herbst liefert) durch ihre oft 2′–2½′ langen Seitentriebe und weit lockerern Blüthenrispen, sowie auch durch mindestens 2–3 Wochen späteres Reifen der Herbstfrüchte aus und vorzüglich durch ihre Stacheln. Die Monats-Himbeere hat eine fast ganz glatte grüne Rinde, die Merveille-Himbeere hat ebenfalls eine grüne glatte Rinde, aber dieselbe ist mit ziemlich starken schön gerötheten Stacheln, die auf einer breit eiförmigen rothen Basis sich erheben, bekleidet; bei der Monats-Himbeere zeigen sich nur einzelne Spuren derselben. Die Blätter der Merveille sind auch 3–5blättrig, wie die der anderen Sorten, die Blättchen aber länglicher und fast eilanzettförmig; auch sind sie nicht halb so tief gesägt, wie die der Fastolff; sie nähern sich auch hierin mehr denen der Monats-Himbeere.

Die Merveille-Himbeere ist die einträglichste Sorte, da die Sommertriebe schon im ersten Jahre einen sehr reichen Ertrag geben und sodann im nächsten Frühjahr abermals eine sehr frühe und reiche Ernte liefern. Die Früchte sind groß (doch stehen sie in der Größe der Fastolff merklich nach), und sehr saftreich und weich; sie sind zur Gewinnung von Himbeersaft von ganz vorzüglichem Werthe, taugen aber nicht gut zum Versenden und müssen für den Obstmarkt mit großer Vorsicht gepflückt werden. Wegen der spät eintretenden Reife muß diese Sorte an warmen und etwas geschützten Standorten gezogen werden, indem sonst die Früchte nicht auszeitigen; ein kleiner Frost schadet ihnen jedoch gar nichts.

Die Zwerg-Himbeere Schöne von Fontenay, Belle de Fontenay, ist nach einem in diesem Frühjahr von meinem verehrten Freunde H. Maurer in Jena bezogenen Exemplare (ich habe noch keine Beschreibung und Abbildung dieser Sorte finden können) eine wirklich überaus schöne und äußerst fruchtbare, vorzügliche und großfrüchtige rothe Himbeere. Sie zeichnet sich durch sehr gedrungenen Wuchs und dicht gestellte Knospen aus; ihre Triebe sind stark, ihre Rinde grün und größtentheils dicht mit feinen, aber ziemlich festen, bräunlich rothen Stacheln besetzt. Das Blatt ist wie bei den anderen Sorten ungleich gefiedert, die zwei unteren Blätterpaare sind eilanzettförmig, das Mittelblättchen rundeiförmig; alle Blättchen haben eine ebene

und nicht wie es sonst oft vorkommt, gewölbte


  1. Es kommt auch eine Art Monats-Himbeere mit röthlich angelaufenen und ziemlich reich mit Stacheln bekleideten Trieben vor.


Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)