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des Vereins zur Beförderung des Gartenbaus in den königl. preußischen Staaten; Berlin 1840. Lieferung 30.), der gleichfalls die Theorie der Herren Knight und van Mons gründlicher bestritten hat. – Die Schrift des Herrn Dochnahl würde vielleicht glücklicheren Erfolg gehabt haben, wenn nicht der Fehler begangen wäre, daß – namentlich im ersten und wichtigsten Theile, – zu oft Behauptungen als Axiom oder erwiesene Wahrheiten hingestellt werden, auf welche dann später, als auf gelieferte Beweise Bezug genommen ist, während das, was als beweisend gesagt wird, sich oft versteckt, oder wenigstens nicht klar und zusammengestellt genug hervortritt, wie auch zu wenig eigene Erfahrungen und Beobachtungen beigebracht werden. Der Werth der an sich fleißig gearbeiteten Schrift besteht hauptsächlich in einer sehr reichhaltig gegebenen Uebersicht der Stimmen der Autoren pro und contra, sowohl in Beziehung auf die Hauptfragen, als mehrere wichtige Nebenfragen, z. B. den Einfluß, den der Grundstamm auf Gesundheit des Obstbaums hat.

Jeinsen den 26. Januar 1855.

Die als Gegenstand der hier folgenden Untersuchungen bezeichnete Frage hat in neueren Zeiten eine besondere Wichtigkeit für die Obstbaumzucht erhalten, und gehört unter diejenigen, über welche die Meinungen der Pomologen sehr getheilt gewesen sind, und zum Theil noch sind. Wenn auf der einen Seite seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts die Zahl derjenigen nach und nach größer wurde, die die Veredlung junger Obstbäume als überflüssig betrachteten und der Meinung waren, man könne ohne diese mühselige und zeitraubende Arbeit, durch sorgfältige Aussaat von Kernen edler Früchte, eben sowohl das beste Obst erhalten, ja bekomme dadurch reichlichere Erndten; so fehlte es anderntheils in England, Holland, Frankreich und selbst Deutschland nicht an sehr achtbaren Männern, die die Veredlung der Obstbäume sogar als schädlich schilderten, und alle Krankheiten und Gebrechen unserer Edelstämme, Krebs, Unfruchtbarkeit, leichtes Erfrieren, Kleinheit und frühen Tod derselben, eben von dieser Operation und überhaupt der fortwährenden Anzucht veredelter Stämme herleiteten, während sie von ungeimpften Sämlingen prädizirten, daß sie gesund, groß, dauerhaft, beständig fruchtbar und höchst alt würden. – Daß sich unter unsern Obstbäumen der kranken, wenig tragbaren, verkrüppelten und früh eingehenden Stämme nicht wenige finden, kann nicht geläugnet werden; auch ist es wahr, daß man in neueren Zeiten nicht bloß durch Zufall, sondern durch planmäßige Bemühungen von unveredelten Sämlingen eine Menge der köstlichsten Früchte erhalten hat, die die älteren Obstsorten an Güte zum Theil sogar übertreffen, und es wird daher wohl der Mühe werth seyn, einmal genauer zu untersuchen, ob das Echtmachen als etwas Ueberflüssiges oder vielleicht gar Schädliches müsse betrachtet werden, oder es wenigstens nach und nach dahin könne gebracht werden, daß die Anzucht veredelter Stämme überflüssig werde. Es könnte scheinen, daß die uns vorliegende Frage durch die Praxis bereits genügend zum Vortheile der Anzucht veredelter Stämme entschieden sey, indem der Anbau unveredelter Sämlinge wenigstens bisher nirgends die Veredelung, als allgemeinere Regel, hat verdrängen können. Indeß werden doch nicht nur in manchen Gegenden Deutschlands unveredelte Obstbäume noch in größerer Menge aus Kernen

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_138.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)