Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 264.jpg

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blieben zu erziehen jährlich 350,000 junge Obstbäume.

Von diesen Bäumen mögen nun aber wenigstens 50,000 St. jährlich von unseren Weingärtnern im Neckar- und Remsthal in den geringern Weinbergen gezogen werden (es kommen von denselben nicht selten auf einen, der zur Pflanzzeit in Eßlingen abgehaltenen Baummärkte allein gegen 10,000 Bäume, die fast alle in den Weinbergen gezogen sind), so daß also noch 300,000 St. Bäume jährlich den Baumschulen zu liefern bleiben.

Nehmen wir an, daß eine Baumschule von 10 Morgen, die bei 7jähriger Erziehungsdauer und 3jährigem Wechsel mit andern Culturen jährlich 1 Morgen mit Bäumen neu anlegt und auf denselben nach Abzug der Wege u. s. w. 8000–9000 Wildlinge jährlich anpflanzt, und nach Abzug derjenigen Bäume, die je nach der Zucht und den allgemeinen Verhältnissen als Rückschlag in Abgang gerechnet werden müssen (25–33 %) jährlich 5–6000 St. Bäume liefert, so sind zu jener Anzahl Bäume 50–60 solcher Baumschulen erforderlich, oder im Ganzen ein Flächenraum von 5–600 Morgen (à 38,400 □′).

Der Betrieb einer solchen Baumschule kostet genau berechnet 8–900 fl. jährlich; werden die jährlich zu liefernden 5000 St. Obstbäume durchschnittlich verwerthet, in einem Jahr einige 100 mehr, in andern in gleichem Verhältnisse weniger, so ergibt sich, den Baum nur zu 15 kr. (4 Sgr.) angeschlagen, (es kostet jetzt 1 Apfelbaum 12–24 kr., 1 Birnbaum 24–36 kr., 1 Zwetschenbaum 12–20 kr.) ein jährlicher Ertrag von 1250 fl., also von jeder Baumschule bei diesen mäßigen Ansätzen 350–450 fl. Reinertrag. Hierbei bleibt der Ertrag des innerhalb einer jeden Baumschule zu je 3 Morgen angenommenen Wechselplatzes, der zum Anbau von Gemüsen, Futterpflanzen, zur Samenzucht u. s. w. verwendet wird, ganz außer Berechnung.

Würden die Oberamtsbezirke des Landes, in denen es an guten Obstbäumen und größeren Baumschulen fehlt, jedes eine Baumschule, die nach den Bedürfnissen einen Flächenraum von 5–10 Morgen erhalten könnte, einrichten und diese, nach einem von einem erfahrenen Baumzüchter geprüften Plan, durch einen tüchtigen Distriktsbaumwärter besorgen lassen, so würden nicht nur erhebliche ökonomische Vortheile daraus erwachsen, es würde auch der Zustand der Obstkultur wesentlich gebessert und der Ertrag derselben allmählig gesteigert werden. Es könnte auch jeder Bezirk jährlich eine Anzahl Obstbäume von den nutzbarsten Sorten ärmeren Gemeinden gegen halben oder Viertelpreis überlassen; etwaiger Ueberfluß könnte zur Anlegung von Allmandpflanzungen benutzt werden, denn der eigentliche Zweck dieser Baumschulen sollte nicht seyn zu spekuliren, sondern dem allgemeinen Wohl und Besten zu nützen.

Vergleichen wir nun aber mit diesem wirklichen jährlichen Bedarf an jungen Obstbäumen die Masse der in den letztern 15 Jahren in Folge der früher für dieselben erlösten hohen Preise (1 Apfelbaum 36 kr., 1 Birnb. 42–54 kr., ja selbst über 1 fl. u. s. w.), herangezogenen jungen Bäume, die beträchtlichen Baumschulen von Privaten, von denen mir 5 bekannt sind, die dieses Jahr jede circa 10–20,000 Stück verpflanzbare Kernobsthochstämme liefern können, dazu die große Menge von kleinen Baumschulen und die Menge von aus den Weinbergen gelieferten Obstbäume, so muß man, namentlich wenn man außerdem in Betracht zieht, daß von Bayern aus leider noch immer

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_264.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)