Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 326.jpg

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nicht nur manche verzärtelte, sondern es bleiben auch viele klein, und bilden nachher Bäume, die kein hohes Alter erreichen. Bei den Birnen hat man nun wohl ganz gern klein bleibende Stämme als Unterlagen zu den Zwergen, aber bei den Aepfeln, deren Zwerge man allermeist auf Johannisstämme veredelt, sollte man nur die recht triebigen Wildlinge behalten, und alle zu sehr zurückgebliebenen ausmerzen; wiewohl in Baumschulen mit gutem Boden das Zurückbleiben mancher Wildlinge sich nicht so auffallend zeigt, sondern erst in späteren Jahren sichtbar wird. Wie nöthig es sey, wenn man keine Holzapfelkerne haben kann, wenigstens nicht aller Obstkerne ohne Unterschied zur Aussaat sich zu bedienen, kann ich durch eigene Erfahrung bestätigen. Ich säete lange die Kerne immer auf Beeten in kurzen Reihen, mit genauer Bezeichnung, von welchen Obstsorten sie genommen waren, und führte auch nachher die Verzeichnisse über die veredelten Stämme so, daß immer angegeben war, welche Sorte von Wildlingen jeder Stamm zur Unterlage bekommen hatte. Zu Versuchen legte ich auch recht vollkommene Kerne von Pigeon rouge, Rother Sommercalvill, Engl. Goldpepping, Borsdorfer etc., und veredelte zum Theil dieselben Sorten darauf; aber diese sind alle im Wuchse ganz außerordentlich zurück geblieben, und eine Reihe Borsdorfer auf Kernlingen derselben Frucht (schon Christ empfiehlt diese als Unterlage zu Zwergen), wurde zwischen recht triebigen Stämmen in 5 Jahren nur 3 Fuß hoch und saßen die Stämme ganz voll Moos. So glaube ich auch die Bemerkung gemacht zu haben, daß Früchte mit großem Kernhause, auch wenn es keine Calvillen sind, schlechte Wildlinge geben; die Natur scheint hier mehr Säfte auf die Frucht, als auf den Samen verwandt zu haben. Am besten gediehen die Wildlinge aus Kernen mehrerer Goldreinetten, namentlich der Reinette von Orleans, und von Früchten aus den letzten drei Diel’schen Classen. Unter den Birnen lieferten die Volkmarserbirn und einige um oder nach Michaelis erst reifende Haushaltssorten triebige Stämme, und die Kerne der Beurré blanc gaben viele gute Wildlinge zu Zwergbirnen. Erst jetzt habe ich durch die Güte eines Freundes einmal Kerne vom Holzapfel und der wilden Birne erhalten, und freue mich, daß ein paar Holzapfelstämme in meinem jetzigen Pfarrholze sich noch finden. Man sollte aus der Anzucht der Kerne von Holzäpfeln und wilden Birnen, an Stellen, wo andere Obstbäume möglichst weit entfernt sind, eine eigene Industrie machen; indeß werden selbst die von wild im Holze wachsenden Stämmen genommenen Kerne von einer fremden Bestäubung immer nur wenig verändert seyn und bei Weitem mehr gleichartige Wildlinge liefern, als Kerne von unserm gewöhnlichen, wenn auch schlechterem Obste. Kann man aber Kerne wilder Obstbäume nicht haben, so ist es wenigstens unumgänglich nothwendig, Kerne von veredelten Obstsorten sehr mit Auswahl zu sammeln, und lieber von schlechteren Früchten zu nehmen, die viele und dicke Kerne haben etc. Auch andere Fehler, als schlechtes Wachsthum, können vom Grundstamme herrühren, wie es z. B. bekannt ist, daß Kirschen leicht am Harzflusse[WS 1] leiden, wenn sie nicht auf Wildlinge der Kleinen rothen Vogelkirsche gesetzt werden, und man zu dem Ende häufig sich fest auch als Unterlage für Kirschen der Mahalebstämme bedient. Auch auf Geschmack und Güte der Früchte des Edelstammes wirkt nicht selten der Grundstamm ein, was man

merklicher wahrnimmt bei Birnen, die auf

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Herzflusse
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_326.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)