Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 397.jpg

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Früchten statuirten Identitäten angegeben zu finden (wie ich denn auch neuerdings wieder in Bivorts Album noch manche solche Bestätigungen fand), und ist es überhaupt lehrreich, zu sehen, wie dieser und jener andere Pomologe über viele Früchte geurtheilt haben. Möchte denn die vorliegende Schrift mit dazu beitragen, ein einigermaßen gedeihliches Resultat für den deutschen Obstbau auf der Versammlung in Wiesbaden herbeizuführen! Es kann nicht die Meinung sein, dem Publikum wieder nur 10 Aepfel und 10 Birnsorten zum Anbau zu empfehlen, da diese Zahl dem vorliegenden Bedürfnisse, den verschiedenen Jahreszeiten und dem verschiedenen Geschmacke der Obstliebhaber durchaus nicht entspricht; indeß daß voriges Jahr vorerst nur so viele empfohlen wurden, ist vielleicht ein heilsames Antidotum gegen die bisher herrschende und selbst in die Baumschulen eingedrungene Sammelsucht und Vorliebe für das Neue gewesen. Eben so wenig kann es die Meinung sein, schon definitiv eine mäßig große Zahl von Früchten zum künftigen alleinigen Anbaue zu empfehlen. Dazu ist theils die Zahl der vorhandenen höchst schätzbaren Früchte viel zu groß, und geht es bei der Auswahl selbst den Pomologen oft so, als vor Jahren meiner kleinen Tochter, als ich sie in meine schöne Collection blühender Topfaurikel führte und sie aufforderte, mir zu sagen, welche Blumen unter den mehreren Hunderten wohl die allerschönste sei, wo sie, ohne sich lange zu besinnen, anfing, ziemlich der Reihe nach fast auf jede zu zeigen, und entschieden zu behaupten, daß die die schönste unter allen sei; theils sind die Acten darüber, welches Obst im Allgemeinen in Deutschland das beste sei, längst noch nicht geschlossen, und wird diese Frage vielleicht kaum nach 30–50 Jahren bei fortgesetzten fleißigen Forschungen sich beantworten lassen. Wie wenig die Acten über manche Frucht geschlossen sind, erhellt auch aus manchen Angaben in der vorliegenden Schrift, wenn z. B. über die Französische Goldreinette gesagt wird, daß sie bei Berlin nicht welke, über die Grüne Sommermagdalene bei Berlin sehr günstig geurtheilt und über Roberts Muscateller beigebracht wird, daß sie in der Mark überall reichtragend und gewürzhaft sei; falls nicht vielleicht eher zu statuiren ist, daß bei diesem Urtheile nicht die rechten Früchte des Namens vorgelegen haben, indem von der Französischen Goldreinette selbst Diel im Nassauischen bemerkt, daß sie oft sehr welke; auch Herr Geheimerath v. Flotow selbst in Dresden die Gestreifte Sommermagdalene, in meiner Schrift von 1852 als Gestreifte Carmeliter Citronenbirn aufgeführt, mit ähnlichem Urtheil der Grünen vorzieht, und ich die von Diel erhaltene Roberts Muscateller, die die wirkliche sein wird, noch nirgends in Norddeutschland getroffen habe, wohl aber manche andere Früchte, die unter diesem Namen umlaufen. Eben so ist ein Beleg für die gedachte Behauptung, wenn bei der Grumkower Winterbirn gesagt wird, daß man sie überall in feuchtem und trockenem, warmem und kaltem Boden, als Hochstamm und Zwerg gesund getroffen habe, und der Boden Nienburgs eine eigenthümliche Unfruchtbarkeit besessen haben müsse, wenn in demselben zwei kräftige Pyramiden der Grumkower Winterbirn nach und nach abgestorben seien. Man kann den Boden in den beiden Gärten, wo diese Bäume standen, keineswegs einen für die Birnen unfruchtbaren nennen, da im Allgemeinen die Birnpyramiden darin sehr kräftig wuchsen, und sehr groß, fast zu groß geworden sind,

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_397.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)