Seite:Prodromos (Altenberg).djvu/016

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Götterdämmerung. Das Orchester singt, jauchzt in tiefster Erregung die Spannung der wartenden Frau auf ihren Helden Siegfried. Da erscheint statt Dessen der „fremde Mann“.

Eine Welt von Verzweiflung in einer bangen Minute. Dann Stille. Das Orchester ist vor Trauer in sich zusammengesunken.

Die Frau, erschöpft: „Wer drang zu mir?!?“ Wer drang zu mir?!? Lebens-Leit-Motiv aller edlen Frauenseelen.


* * *


Meinem vergötterten Vater schickte ich zum 70. Geburtstage zwei Schachteln Tamar Indien Grillon, Paris.

Ich schrieb dazu: „Die anderen kommen mit Geschenken für das Greisenalter – – – wunderbarer Lehnsessel, seidener Schlafrock, Rheinwein, Pelz-Schuhe etc. Ich aber mache dir diese Geschenke entbehrlich!

Ich bringe deinem Greisenalter die Jugendlichkeit! Jeden Morgen vor dem Frühstück eine Pastille! Morgens, nicht abends!“

Die Verwandten sagten: „Verrückt ist er. Ist es ein Geschenk eines Sohnes?!? Was bezahlt Grillon für die Reklame?!?“

In seinem 75. Lebensjahre sagte mein Vater zu mir: „du, was ist es mit diesem Worte „Greisenalter“?!? Ich begreife es nicht. Wie mit 20 fühle ich mich, in jeder Beziehung. Sollte es wirklich

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Peter Altenberg: Pròdromos. Berlin 1906, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prodromos_(Altenberg).djvu/016&oldid=- (Version vom 1.8.2018)