Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/164

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Helden“, sagt er, „haben die Seelenliebe der körperlichen vorgezogen. Jupiter hat die sterblichen Weiber, deren Umarmung er aufgesucht hat, in der Klasse der Sterblichen zurückgelassen: hingegen hat er diejenigen, deren Seelen er geliebt hat, zur Unsterblichkeit gehoben. Selbst den Ganymed hat er nicht um seines Körpers, sondern um seiner Seele willen in den Himmel gerückt. Homer läßt den Achilles den Tod seines Patroklus nicht als Liebhaber, sondern als Genosse rühmlich rächen. Orestes und Pylades, Theseus und Pirithous, und mehrere Andere unter den vorzüglichsten Halbgöttern sind nicht durch die ausgelassene Befriedigung ihrer Lüste, sondern durch die großen und schönen Thaten berühmt geworden, die sie aus wechselseitiger Achtung für einander verrichtet haben. Wie könnten auch diejenigen, die Wollust dem Ruhme vorziehen, so glänzende Handlungen thun, als diejenigen, die in der Ehre einen Antrieb zu den mühsamsten und gefährlichsten Unternehmungen finden? Pausanias, der Liebhaber des Dichters Agathon, hat zwar diese ausschweifenden Begierden vertheidigen wollen, und behauptet, daß ein Heer, das aus Liebenden und Geliebten bestehen würde, unwiderstehlich seyn müßte. Denn diese, glaubt er, würden sich aus gegenseitiger Scham einander nicht verlassen wollen. Sonderbar genug! wie sollten diejenigen, welche die öffentliche Meinung und sich selbst nicht achten, für das Schändliche überhaupt Scheu tragen? Pausanias berief sich auf die Thebaner und Eleer, bey denen es Gesetz war, daß diejenigen, welche sich auf die gemeine Art lieben, neben einander in der Schlacht gestellt werden mußten.