Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/172

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Zuge nach Vereinigung der Persönlichkeiten verbunden ist, von der Zärtlichkeit, die auf gegenseitiger Achtung und Gewohnheit beruht, unterschieden habe. Diese nennt er Freundschaft: jene Liebe. Es entgeht ihm nicht, daß diese Liebe entweder gröbere Begierden zum Grunde haben, oder auf den feineren Trieben beruhen könne, die das Zarte der Jugend und die Schönheit der Gestalt einflößen. Nun verwirft er diejenige Liebe, welche sich mit groben Symptomen körperlicher Geschlechtssympathie ankündigt, geradezu. Ja! er für sich selbst glaubt für seine jungen Freunde eine reine Freundschaft zu empfinden, welche ihm ihre glücklichen Anlagen, und ihre edle Ruhmbegierde einflößen. Sie hat bey ihm einen rüstigen wackern Charakter, frey von aller schmelzenden Begeisterung, und von aller schmachtenden Sehnsucht. Man muß annehmen, daß die besondere Modifikation, welche das Verhältniß der Zartheit der Jugend zur Stärke seines reiferen Alters diesen Verbindungen nothwendig geben mußte, von ihm, oder vom Xenophon übersehen sey. Und wirklich liegt hierin etwas Dunkles, was nur durch Annahme eines Selbstbetrugs erklärbar wird. Inzwischen konnte es ihm nicht entgehen, und es ist ihm auch, wie man aus dem Zusammenhange des Ganzen sieht, nicht entgangen, daß seine Schüler durch die Reitze der Gestalt ihrer jüngern Freunde auf eine Art angezogen wurden, wobey der Körper eine wichtige Rolle spielte. Er mußte einsehen, und sah es ein, daß ein Zustand, worin körperliche Begierden verhalten, bekämpft, und unterjocht werden, doch ganz andere Wirkungen hervorbringt, als ein Zustand, worin dergleichen