Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/230

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sollte, daß er im Grunde überzeugt gewesen sey, daß selbst in der reinsten Liebe, wie er sie schildert, Vieles, was nach unsern Begriffen sehr unrein seyn würde, mit unterlaufe. [1]

Darin aber weichen Plato und Xenophon hauptsächlich von einander ab, daß Letzterer den Begriff der Liebe völlig gefaßt hat. Er setzt ihren Charakter in die Anerkennung des selbständigen Werths des Geliebten, und in das wonnevolle Bestreben, dessen Wohl zu befördern. Hingegen beym Plato ist die Liebe offenbar verfeinerter Egoismus und Beschauungswonne. Der Liebhaber nutzt den Geliebten als ein Mittel, sich zu begeistern: als eine Stufe, von der ab er sich zur Urschönheit erheben will. Daß diese ganze Darstellung der Liebe überhin in eine idealische Welt gehöre, brauche ich kaum zu sagen.


  1. Daher verwirft er die leidenschaftliche Liebe in dem Buche von den Gesetzen völlig. VIII. 837.