Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.1.djvu/75

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Man kann wohl keinen deutlichern Beweis als diesen finden, daß das Publikum von Athen sich für die Tugend, und für die Liebe einer Gattin zu ihrem Gatten interessieren konnte. Aber laßt uns nun unsere Aufmerksamkeit auf den Admet wenden!

Unstreitig kennt er die ganze Größe der That seiner Gattin, und versinkt in Verzweiflung über ihren Verlust. „Er beneidet das Schicksal der Todten, das Grab ist künftig sein einziger Wunsch. Das Tageslicht ist ihm verhaßt, und nie, nie will er sich mit einem andern Weibe wieder verbinden.“

Gut! Aber wie konnte er, dessen Reden alle den zärtlichsten Gatten ankündigen, das Opfer seiner Frauen annehmen? Aber warum starb er nicht statt ihrer?

Daß der Dichter diesen Einwurf gefühlt habe, merkt man an mehreren Stellen. Admet sagt zu wiederholten Mahlen, „daß er nur gezwungen seine Gattin überlebe.“ Er fürchtet, „daß man ihn schief beurtheilen, und ihn der Feigheit beschuldigen würde.“ Er macht seinen Eltern die bittersten Vorwürfe, „daß sie, obgleich alt, nicht für ihn haben sterben wollen.“ Es muß also etwas bey dem Betragen des Admet zum Grunde liegen, das ihn in den Augen der Athenienser rechtfertigte, die Aufopferung seines Weibes angenommen zu haben. Sollte dieß die Idee seyn, daß die Gattin, als ein dem Manne untergeordnetes Wesen, zu seinem Wohl und zu seiner Erhaltung allein bestimmt sey? So weit ging der Athenienser der damahligen Zeit, nach dem ganzen übrigen Inhalte des Stücks zu urtheilen, gerade nicht. Aber davon war er überzeugt, daß Admet als König, als öffentliche Person, sich seinem Volke erhalten, und die Aufopferung