Seite:Ravensburg Verkehrsleben 12.jpg

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vielmehr ruhig ab, bis eine Straße allmählich unbenutzbar zu werden anfing und Klagen darüber einliefen. Geschah dies, so erhob sich unter den beteiligten Herrschaften nur allzuhäufig schon über den Punkt ein Streit, wer zur Reparatur dieser oder jener Strecke verpflichtet sei und welche der anstoßenden Orte und Herrschaften dazu Beihilfe leisten müßten. Mit den Erörterungen darüber konnte eine lange Frist hingehen, und die Schäden wurden immer unerträglicher.

War man über jenen Punkt glücklich im reinen, dann hielt es oft recht schwer, daß die Pflichtigen sich nun auch alle zur Tat aufrafften, namentlich wenn nicht sie, sondern andre den Hauptnutzen aus der zu bessernden Straßenstrecke hatten. Noch geringer war die Bereitwilligkeit, wo eine Gebietsherrschaft oder deren Untertanen gerade ein Interesse daran hatten, den bestehenden schlimmen Zustand fortzusetzen, so z. B. wenn man den anliegenden Bauern einen Verdienst durch Vorspannleisten zuwenden, oder aber den Verkehr ganz anderswohin ableiten wollte. 1767 z. B. beklagte sich der Postverwalter von Weingarten, die Herrschaft Waldburg-Wolfegg lasse bei Witschwende und Eintürnen die uralt hergebrachte Post- und Heerstraße geflissentlich untergehen, um den gesamten Verkehr nach Wolfegg zu ziehen (Akten des k. Staatsfilialarchivs Ludwigsburg).

Das sind Fälle, wo es sich um längst bestehende Straßen handelte; wenn aber gar irgend eine neue Verkehrsanlage zum gemeinsamen Nutzen eines ganzen Landstriches geschaffen werden sollte, dann erhoben sich noch größere Schwierigkeiten, und nicht zum wenigsten von seiten der Reichsstädte, die in ihren letzten Zeiten von einem krampfhaften Hangen am Hergebrachten und von Feindseligkeit gegen alle Neuerungen beherrscht waren. Daß irgend ein Zustand, bloß weil er eine lange Zeit hindurch gedauert hatte, damit einen gewissen Anspruch gebe, für alle Ewigkeit in gleicher Weise aufrecht erhalten zu bleiben, das sah man dort als eine Selbstverständlichkeit an, die keiner weitern Rechtsgrundlage bedürfe.

Ein besonders hervorstechendes unter zahllosen zu Gebote stehenden Beispielen liefert der Arlbergpaß. Dieser war bis gegen das Ende des 18. Jahrhunderts ein schlechter und winters in der Regel gar nicht benutzbarer Saumpfad ohne jede internationale Bedeutung, und selbst der nachbarschaftliche Verkehr zwischen Vorarlberg und Tirol, obschon beide Länder unmittelbar aneinander grenzen, vollzog sich auf weiten Umwegen durch fremdes Gebiet hindurch über Kempten, Isny und Lindau. Diese Städte erblickten ein schreiendes Unrecht darin, daß Österreich in den 1730 er Jahren endlich darauf dachte, den Verkehr zwischen jenen beiden Kronländern ohne solchen Umweg und ohne Berührung auswärtigen Gebietes ganz in die eigenen Lande zu verlegen, d. h. jenen Saumpfad durch eine ordentliche „Salzstraße“ zu ersetzen. Zur Ausführung gelangte dieser Plan übrigens erst ein halbes Jahrhundert später, weniger wegen der Proteste Lindaus, als aus Mangel an Geldmitteln und weil auch österreichische Städte, so Bregenz und Bozen davon Nachteile befürchteten, während Feldkirch das Projekt mit Eifer unterstützte.

Da das einemal dieser, das andremal ein andrer Stand ebenso egoistisch dachte und handelte, wie in diesem Fall jene Städte, so hatte allerdings keiner dem andern etwas vorzuwerfen. Als im Jahre 1776 Riedlingen und Saulgau in bequemere Verbindung mit dem Bodensee gesetzt werden sollten durch den Bau der bis zur