Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 063.jpg

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2
Jetzt weiß ich, daß gar viele sündigten

und doch im Glücke lebten
und so die Welt verließen.
Nur wenig Völker sind in diesen Zeiten übrig,
worauf sich deine Worte wohl beziehen könnten.

3
Was für ein Nutzen liegt darin?

Was können wir noch Schlimmeres erwarten
als das, was uns bereits getroffen?

4
Noch will ich weiter vor dir reden:
5
Was nützt es denen,

die voller Einsicht vor dir waren
und nicht, wie andere Völker, sich der Eitelkeit ergaben
und nicht so zu den Toten sprachen:
„Verschafft uns Leben!“,
die vielmehr allezeit vor dir sich fürchteten
und deine Wege nicht verließen?

6
Sie wurden doch hinweggerafft,

und du erbarmtest dich nicht ihretwegen Sion.

7
Wenn andere frevelten,

so hätte Sion doch vergeben werden müssen,
der Werke derer wegen,
die Gutes ausgeübt.
Es hätte nicht versinken sollen
der Werke derer wegen,
die Missetat verübt.

8
Mein Herr und Gott!

Wer mag wohl dein Gericht verstehen,
oder wer erforscht die Tiefe deines Weges,
oder wer bedenkt die schwere Bürde deines Pfades?

9
Wer? Wer kann deinem unausdenklichen Beschluß nachsinnen,

oder wer von Staubgeborenen
fand je den Anfang und das Ende deiner Weisheit?

10
Wir alle gleichen einem Hauch.
11
Denn wie der Hauch ohn eigen Zutun aufsteigt und vergeht,

so ist’s auch mit der Menschenkinder Wesen:
mit ihrem Willen gehn sie nicht dahin
und wissen nicht, was ihnen
am Ende noch beschieden.

12
Gern warten die Gerechten auf das Ende,

und ohne Furcht verlassen sie dies Leben.
Dieweil bei dir sie einen Schatz von Werken haben,
der in den Vorratskammern liegt.

13
Darum verlassen sie auch furchtlos diese Welt

und harren voller freudenreichen Zuversicht darauf,
daß sie die Welt empfangen,
die festversprochene von dir.

14
Weh aber uns, die wir jetzt Schimpf erleiden

und auch in jener Zeit nur Unheil zu erwarten haben!