Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 1116.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
9
So schätzte sie ihr Haar gering

und sprach zu ihm:
Steh auf und nimm es hin!

10
Da nahm er eine Schere

und schnitt das Haar ihr ab
und gab vor aller Augen ihr drei Brote.

11
Sie nahm sie in Empfang

und ging hinweg, sie mir zu bringen.
Der Satan aber folgte ihr,
indem er heimlich auf dem Wege ging,
und er berückte ihr das Herz.


24. Kapitel: Iobs Weib klagt
1
Mein Weib kommt näher;

da schreit sie laut mit Weheklagen
und spricht zu mir:
Ach Iob! O Iob!
Wie lang sitzst du noch auf dem Düngerhaufen vor der Stadt
und rechnest noch mit einer kurzen Weile
und hoffest noch auf Rettung?

2
Ich zieh als Magd unstet von Ort zu Ort;

denn von der Erde schwand dein Angedenken,
die eigenen Söhne, meine Töchter,
für die ich mich umsonst mit Schmerzen abgemüht.

3
Du selbst sitzt da in Fäulnis und in Würmern

und übernachtest unterm freien Himmel.

4
Tagsüber arbeit ich, die tief Unglückliche,

und ängstige mich bei der Nacht,
ob ich auch Brot verdiene,
um’s dir zu bringen.

5
Kaum noch erhalt ich meine eigene Speise,

und diese teile ich mit dir.

6
Ich denk in meinem Herzen:

„Wär’s nicht genug für dich mit deinen Schmerzen?
Du kannst dich nicht einmal am Brot mehr sättigen.“

7
Ich wagte es, zum Markt zu gehen;

ich schämte mich nicht mehr
und bettelte dort Brot.

8
Der Händler aber sprach zu mir:

Gib Geld!
Nur dann bekommst du es.

9
Und da erklärte ich ihm unsere Not,

bekam jedoch von ihm zu hören:
„Wenn du kein Geld hast, Weib,
so gib dein Haupthaar her
und nimm dafür drei Brote!
Davon könnt ihr drei Tage leben.“