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Der Anzeiger soll das Vermögen des der Strafe Verfallenden erhalten,
dazu aus dem königlichen Schatz 1000 Silberdrachmen;
auch soll er in Eleutheria gekrönt werden.

29
Jeder Ort, wo ein Jude entdeckt wird, soll verwüstet und verbrannt

und für jedes sterbliche Wesen auf immer unbrauchbar gemacht werden.“

30
So war der Inhalt des Briefes abgefaßt.


4. Kapitel: Die Juden in Alexandriens Rennbahn
1
An allen Orten, wohin diese Verordnung gelangte,

wurde auf öffentliche Kosten für die Heiden ein Fest
unter Jubel und Frohlocken veranstaltet;
der längst eingewurzelte Haß machte sich offen Luft.

2
Bei den Juden aber herrschte endlose Trauer, Klagegeschrei und Weinen;

ihr Herz stand von Seufzern ganz in Flammen,
als sie das unvermutete, plötzlich über sie verhängte Verderben beklagten.

3
Welcher Gau oder welche Stadt oder welcher Wohnort

oder welche Straßen wurden nicht ihretwegen
mit Klagen und Weherufen erfüllt?

4
Sie wurden von den städtischen Befehlshabern

grausam und herzlos insgesamt ausgetrieben.
Angesichts der ausgesuchten Peinen beweinten
selbst einige der Feinde ihre unselige Austreibung,
dachten sie doch an das allgemeine Elend
und den ungewissen Ausgang des Lebens.

5
Da wurde eine Masse Greise im grauen Haar herbeigeschleppt;

sie mußten ihre vom Alter gekrümmten und gelähmten Füße zu raschem Gange zwingen,
da man sie ohne Scheu mit Gewalt vorwärtsstieß.

6
Die jungen Frauen,

die sich eben erst zu ehelicher Lebensgemeinschaft
ins Brautgemach zurückgezogen hatten,
vertauschten die Freude mit Weherufen;
ihr von Salben triefendes Haar ward mit Staub befleckt.
Unverschleiert wurden sie einhergeführt
und stimmten statt der Hochzeitslieder einmütig Klagelieder an,
wurden sie ja doch durch der Heiden Mißhandlungen gepeinigt.

7
Gefesselt und aller Augen preisgegeben,

wurden sie mit Gewalt an Bord gebracht.

8
Und ihre Gatten, den Hals mit Stricken statt mit Kränzen umwunden,

verbrachten in ihrer Jugendfrische die übrigen Tage der Hochzeitsfeier
mit Grabesliedern statt mit Lust und jugendlicher Fröhlichkeit,
sahen sie ja schon die Unterwelt vor ihren Füßen liegen.

9
Sie wurden wie wilde Tiere in Eisenfesseln an Bord gebracht;

die einen wurden mit dem Hals an die Schiffruderbänke geschmiedet,
die andern an den Füßen mit unzerreißbaren Fesseln festgebunden.

10
Dazu waren sie vom Licht durch dicke Planken oben abgesperrt,

so daß sie, ganz im Finstern sitzend,
auf der ganzen Fahrt das Los von Verrätern teilten.

11
So kamen sie zu dem Orte, der Schedia hieß;