Seite:Riessler Altjuedisches Schrifttum ausserhalb der Bibel 878.jpg

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noch ein Kind,
ward er aus Judäa in die Gefangenschaft nach Chaldäa geschleppt.
Er war im obern Bethoron geboren;
ein enthaltsamer Mann,
so daß ihn die Juden für einen Eunuchen hielten.
Er klagte viel um das Volk und die Stadt Jerusalem,
und im Fasten enthielt er sich jeglicher wohlschmeckender Nahrung
und aß nur Feldfrüchte.
Er war dem Aussehen nach hager und dürftig,
aber reizend in des Höchsten Gnade.
Er betete viel für Nabuchodonosor,
der ihn Baltasar nach seinem Sohne hieß,
damit er nicht umkäme,
weil er ein wildes und zahmes Tier zugleich wurde.
Sein Vorderleib glich nämlich einem Stier samt dem Kopf,
und seine Füße mit dem Hinterleib einem Löwen.
Dem Heiligen ward über dies Geheimnis so viel enthüllt,
daß jener ein Vieh
wegen seiner unvernünftigen Genußsucht und Halsstarrigkeit wurde,
und daß er wie ein Stier in das Joch des Beliar geschirrt würde,
und daß er ein Löwe
wegen seines räuberischen tyrannischen und wilden Sinnes wurde.
So ist es mit den Herrschern in der Jugend;
zuletzt aber werden sie wilde Tiere;
sie rauben, zerstören, schlagen, töten,
sind tyrannisch und gottlos.
Alsdann empfangen sie von dem gerecht richtenden Gott
hiefür gebührende Vergeltung.
Der Heilige wußte durch Gott,
daß jener, einem Stier gleich, Gras fraß,
und daß er kein Verlangen nach menschlicher Nahrung hatte.
Deshalb sehnte sich auch Nabuchodonosor unter Tränen selbst
nach dem Genuß der Nahrung
und flehte zum Herrn in seinem Menschenherzen,
indem er zu ihm Tag und Nacht vierzig Mal betete.
Ihn hatte aber ein Dämon überfallen,
und er wußte nicht mehr, daß er ein Mensch gewesen war.
Seine Zunge war am Sprechen gehindert
und dachte er nach, so mußte er sogleich weinen.
So glichen seine Augen beim Weinen frischem Fleisch.
Viele gingen aus der Stadt hinaus und besahen ihn.
Daniel allein wollte ihn nicht sehen;
er befand sich nämlich im Gebet für ihn
während der ganzen Zeit seiner Veränderung.
Er sagte: Er wird wieder Mensch werden,
und dann sehe ich ihn.
Sie aber glaubten ihm nicht.
So betete Daniel zum Höchsten,