Seite:Rilke Die Sonette an Orpheus 1923.djvu/51

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 XVIII

Tänzerin: o du Verlegung
alles Vergehens in Gang: wie brachtest du’s dar.
Und der Wirbel am Schluß, dieser Baum aus Bewegung,
nahm er nicht ganz in Besitz das erschwungene Jahr?

5
Blühte nicht, daß ihn dein Schwingen von vorhin umschwärme,

plötzlich sein Wipfel von Stille? Und über ihr,
war sie nicht Sonne, war sie nicht Sommer, die Wärme,
diese unzählige Wärme aus dir?

Aber er trug auch, er trug, dein Baum der Ekstase.

10
Sind sie nicht seine ruhigen Früchte: der Krug,

reifend gestreift, und die gereiftere Vase?

Und in den Bildern: ist nicht die Zeichnung geblieben,
die deiner Braue dunkler Zug
rasch an die Wandung der eigenen Wendung geschrieben?


Empfohlene Zitierweise:
Rainer Maria Rilke: Die Sonette an Orpheus. Insel-Verlag, Leipzig 1923, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Rilke_Die_Sonette_an_Orpheus_1923.djvu/51&oldid=- (Version vom 1.8.2018)