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uns zurück, wie uns jedes Vorherrschen des Verstandes über das Gemüth bei den Frauen verletzt; man muss aber zugeben, dass sie von ihrem Standpunkte aus recht hat.

Was ist ihr Max, ein gutmüthiger, schwärmerischer, junger Mensch, was Thekla, ein Mädchen, das eben aus der Pension kommt, gegen das Geschick ganzer Länder, gegen des Vaters Riesenplane, gegen ihn selbst, der ihr offenbar als das Höchste gilt, was für sie existirt! Den Frauen wird auch das Ideale persönlich, das Abstracte lässt sie immer kalt und nur das Concrete, an eine Person Gebundene, vermag sie zu begeistern. So hat sich denn die ganze Seele des ehrgeizigen, grosssinnigen Weibes dem Schwager zugewendet, der ihr das Ideal eines Mannes darstellt, dessen verwegener, umgreifender Charakter dem ihrigen vollkommen entspricht, den sie allein vollkommen versteht und auf den sie daher auch einen so grossen Einfluss ausübt, da sie als Frau eine fast ähnliche Kraft des Willens und tiefe Kenntniss des Menschenherzens besitzt wie er, sein politisches und staatsmännisches Talent in fast ebenso hohem Grade besitzt. Wie sie die Menschen zu lenken versteht, hat der Dichter trefflich in der Scene geschildert, wo sie des Max sich zu versichern sucht, indem sie ihm Thekla’s Besitz in Aussicht stellt, ihm sagt:

Geniessen Sie Ihr Glück. Vergessen Sie
Die Welt um sich herum. Es soll die Freundschaft
Indessen wachsam für Sie sorgen, handeln.
Nur sei’n Sie dann auch lenksam, wenn man Ihnen
Den Weg zu Ihrem Glücke zeigen wird.

Oder wenn sie fortfährt:

Ich will denn doch gerathen haben, Vetter,
Den Degen nicht zu frühe wegzulegen.
Denn eine Braut, wie die, ist es wohl werth,
Dass mit dem Schwert um sie geworben werde.

Oder wie sie Thekla den Kopf zurecht zu setzen sucht:

Denkt Ihr, er habe sein bedeutend Leben
In kriegerischer Arbeit aufgewendet, . . . .
Nur, um ein glücklich Paar aus euch zu machen? . . . .

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Pecht: Schiller-Galerie. F. A. Brockhaus, Leipzig 1859, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller-Galerie.pdf/179&oldid=- (Version vom 1.8.2018)