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„daß der selbstsüchtige Mensch niedrige Zwecke zwar verfolgen kann, aber unbewußt vortrefliche befördert.“

Kein falscher Schimmer wird sie blenden, kein Vorurtheil der Zeit sie dahinreissen, denn sie erlebt das letzte Schicksal aller Dinge. Alles was aufhört, hat für sie gleich kurz gedauert: sie hält den verdienten Olivenkranz frisch, und zerbricht den Obelisken, den die Eitelkeit thürmte. Indem sie das feine Getriebe auseinander legt, wodurch die stille Hand der Natur schon seit dem Anfang der Welt die Kräfte des Menschen planvoll entwickelt, und mit Genauigkeit andeutet, was in jedem Zeitraume für diesen großen Naturplan gewonnen worden ist: so stellt sie den wahren Maaßstab für Glückseligkeit und Verdienst wieder her, den der herrschende Wahn in jedem Jahrhundert anders verfälschte. Sie heilt uns von der übertriebenen Bewunderung des Alterthums, und von der kindischen Sehnsucht nach vergangenen Zeiten; und indem sie uns auf unsre eigenen Besitzungen aufmerksam macht, läßt sie uns die gepriesenen goldnen Zeiten Alexanders und Augusts nicht zurückwünschen.

Unser menschliches Jahrhundert herbey zu führen haben sich – ohne es zu wissen oder zu erzielen – alle vorhergehenden Zeitalter angestrengt. Unser sind alle Schätze, welche Fleiß und Genie, Vernunft und Erfahrung im langen Alter der Welt endlich heimgebracht

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? In: Der Teutsche Merkur. 4. Bd., 1789. S. 105-135. [Hofmann], Weimar 1789, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Universalgeschichte.pdf/30&oldid=- (Version vom 1.8.2018)