Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland | |
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gemacht, sehr brav,“ sich dabei sein mäßiges Bäuchlein strich und freundlich lächelte, — das ging einem herunter, wie „Schmand“[1] Auch sonst machte Neigung und alte Gewohnheit ihm die Beschäftigung mit den Kindern trotz seines geschwundenen Augenlichtes zum Bedürfnis. Gern nahm er sich darum der schwächern Pensionäre bei ihren Präparationen an (bei den stärkern galt es als Ehrensache, sich wo möglich selbst zu helfen). War irgend ein verwickelter, schwieriger Satz im Lateinischen, mit dem sie nicht zurecht kommen konnten, so half er ihnen freundlich und vorsichtig auf den Weg; denn die eigne Arbeit sollte nicht erspart werden. Hatten sie ihn denn endlich richtig konstruieren gelernt, froh, zum morgenden Tage nunmehr gesattelt zu sein, so hieß es wohl, wenn sie vom Abendessen aufsprangen und ins Endenzimmer stürmten, wo der Großvater seinen Abendgang machte: „Nun, Kinder, wie war es mit dem Satz? Versteht ihr ihn noch?“ Da wollten sie dann wohl das Buch erst holen. „O dessen bedarf es nicht; ich sag ihn euch vor,“ — hieß es jetzt, und Wort für Wort wiederholte der Großvater, von seinem wunderbaren Gedächtnis unterstützt, die oft recht verwickelte Periode. Sein liebevolles Gemüt und eine besondre Gabe, sich in das Sinnen und Treiben der Kinderwelt zu versetzen, hatten ihn recht eigentlich zum Pädagogen vorausbestimmt. Selbst für die Kleinsten hatte er ein Wort, ein Verslein, das in ihren Gesichtskreis paßte, und wenn es auch nur etwas in der Art des alten Claudius war mit seinem:
Schön rötlich die Kartoffeln sind
Und weiß wie Alabaster u. s. w.
So stimmte er wohl, wenn das Leibgericht der Kinder in
Paul Seeberg: Aus alten Zeiten : Lebensbilder aus Kurland. J. F. Steinkopf, Stuttgart 1885, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SeebergAusAltenZeiten.pdf/175&oldid=- (Version vom 21.9.2022)
- ↑ wörtlich: „wie Sahne,“ kurischer Ausdruck, um etwas besonders Behagliches und Leckeres zu bezeichnen.