Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 2.pdf/117

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Es läßt sich aber keine Stelle finden, die zu diesem Vorgang die direkte Unterlage böte. Die Gruppe der Aussätzigen kann also in übertragenem Sinn als eine Gruppe von Heiden, die in Unreinigkeit dahinleben, zu gelten haben. Der Taufbefehl Christi gilt ja für alle Völker, also auch die unreinen Heiden. Die Charakterisierung der Heiden als Unreine kann schon im Anschluß an die vorangegangene Szene des Syrers Naeman gewählt worden sein.

Das dritte der Felder des Randes enthält die Darstellung des reuevoll nach dem Sündenfall zu Gott Vater kommenden ersten Menschenpaares und seine Vertreibung aus dem Paradiese. Das Bild kann in zweierlei Hinsicht mit der Taufe in Zusammenhang gebracht werden. Einmal um zu zeigen, wie die Sünde und der Tod in die Welt gelangten und um auf die Belastung der Menschheit mit der Erbsünde hinzuweisen. Die Auffassung bestand, daß jeder Mensch von Geburt an durch Erbsünde vom Satan besessen sei. Es ging auch in der alten Kirche der Taufe der Exorcismus, die Errettung von der Herrschaft der Sünde voran durch Anblasen von Seiten des Täufers, doch wurde schon von Luther der Exorcismus gekürzt. Die Beschwörung des unreinen Geistes war aber hinreichend begründet durch die Lehre des Paulus, Röm. 7, 14–23, daß der Mensch vermöge seiner fleischlichen Natur wider besseres Wissen und Wollen der Macht der Sünde unterworfen ist, daß nicht der Mensch, sondern die ihn beherrschende Sünde das Subjekt des bösen Tuns ist. Eine Bezugnahme auf den Exorcismus fehlt hier in den bildlichen Szenen. Der Sündenfall von Adam und Eva ist nur als Sinnbild für die sündliche Natur der Menschen, nicht als Zeichen der Erbsünde durch das geschichtliche Faktum des ersten Sündenfalles vorgeführt zu denken. Die Darstellung des Sündenfalls kann auch daran erinnern, wie Röm. 5, 12–21 ausgeführt wird, daß durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod zu allen Menschen, weil alle gesündigt haben. So wird Adam als Gegenbild gegen Christus vorgeführt, der der neuen ihm angegliederten Menschheit durch den Segen der Gerechtigkeit und Gnade das ewige Leben bringt, die Auferstehung der Toten. Die Darstellung kann aber in anderer Hinsicht doch noch eine engere Bezugnahme auf die Taufe haben. Diese scheint mir in der Antwort auf die vierte Frage: „Was bedeutet denn solch Wassertaufen“, für die Wahl dieser Szene zu finden zu sein: „Es bedeutet, daß der alte Adam in uns durch tägliche Reue und Buße soll ersäufet werden.“ So wird auch im Bilde die Reue von Adam und Eva eindrucksvoll dargestellt.