Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 3.pdf/332

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Das etwa einen Quadratmeter Fläche bedeckende Werk zeigt die drei durch Geländer getrennten Höfe des Palastes, den äußeren mit silbernem, die inneren durch Stufen erhöhten Höfe mit silbervergoldetem Fußboden, seitlich von silbernen Arkaden und Hallen umgeben, und im Hintergrund in einem auf das reichste geschmückten, von zwei Hallen flankierten silbervergoldeten Pavillon den thronenden Großmogul, umgeben von seinem Hofstaat. Ihm nahen die Großen des Reiches, jeder unter einem farbenprächtigen Baldachin, und jeder umgeben von seinem Gefolge und begleitet von Dienern, die Geschenke tragen.

In dem äußeren Hof, der die inneren vorn und zu beiden Seiten umschließt, sehen wir vorn zwei der Großen des Reiches mit ihrem Gefolge herankommen, gefolgt von Dienern und Negern, die als deren Geschenke lebende Tiere führen, einen weißen Elefanten für die Reise und einen grauen Jagdelefanten mit Affen und Leoparden, ferner zwei Kamele, zwei Pferde und Hunde. In dem mittleren Vorsprung des Hofes steht eine Gruppe von Beamten und Zuschauern, die eine phantastisch aus Silber gegossene und gebräunte Wage umgibt, auf der das Gewicht des Großmoguls in Gold ausgewogen wird, um dieses unter das Volk zu verteilen. Auf dem freien Platz vor dem Hof, der gleichfalls silbernen Bodenbelag hat und sich in bewegten Umrissen mit Treppen und Rampen von dem Holzrahmen abhebt, steht das Geschenk eines Großen, ein in bewegten Formen gebildetes Wassergefäß mit davorstehendem Becken, beide mit Emailmalerei überdeckt. In dem äußeren Hof werden hinter den Figurengruppen noch andere Geschenke auf Tragbahren herangebracht: links ein lackierter Tisch mit Gueridons, rechts eine juwelengeschmückte Vase. Nach hinten auf beiden Seiten des Hofes kommen noch zwei Große des Reiches unter Baldachinen mit Gefolge heran, der eine zu Fuß, der andere auf einem Tragsessel. Hinter dem ersten werden links zwei Heilige Hände des Kekrops und des Attis gebracht und steht in der Halle ein Spiegel, hinter dem zweiten sind in der Halle rechts schon als Geschenke aufgestellt ein mit Emailmalerei bedecktes Teegeschirr, ein Käfig, eine Zierschale auf Fuß.

In dem zweiten Hof steht um die Mitteltreppe eine Gruppe von je drei Dienern und Kriegern, die obersten mit zwei Baldachinen; seitlich werden wieder auf Tragbahren prächtige Geschenke zu dem höher gelegenen dritten Hof emporgebracht: drei verschieden emaillierte und mit Juwelen geschmückte Vasen, ein Horn, eine Uhr, eine Portechaise.

In dem dritten Hof, dessen Brüstungsgeländer beiderseits von je fünf schwarzlackierten silbernen Drachen verziert ist, sind seitlich vom Thronpavillon in den diesen flankierenden Hallen zwei reichgeschmückte Pyramiden der Sonne und des Mondes als Geschenke aufgestellt, in den Ecken ragen wieder die Baldachine zweier Großen empor, vorn werden einige kleinere Geschenkgegenstände in Empfang genommen.

Auf den von je drei Drachen begrenzten Stufen des Thrones ist die Leibwache des Großmoguls aufgestellt und ein Fürst mit seinen beiden Begleitern hat sich ehrfurchtsvoll niedergeworfen. Zunächst dem Thron stehen wieder einige Fürsten unter Baldachinen. Der Großmogul aber sitzt auf einem von Juwelen strahlenden Thron, dem „Pfauenthron“, vor einer mit Edelsteinen geschmückten dreigeteilten Wand in einer Nische mit Rückwand aus Sardonyx unter einem Pfauen in Smaragdschmuck und unter einem farbenprächtigen, von schwarz emaillierten Drachen gehaltenen Baldachin, die Seitenfelder sind mit ovalen Lapislazuliplatten geschmückt. Im Innern der Figur ist blau auf weißem Emailgrund zu lesen: J: Mel: Dinglinger / inven: Dresden 1707 / Geo: Fr: Dinglinger pin:

Auf den Postamenten der Umfassung des zweiten Hofes, die mit lackierten Drachengestalten besetzt sind, ist eingraviert, rechts Deô / inceptum / 1707 – Germanis Dinglerianis / inventum, und links Dresdae / artificiose confectum – Deô / finitum / 1708. – Die einzelnen Gruppen sind durch die Musterung der Gewänder und ihrer Farben in Emailmalerei voneinander abgehoben und die Baldachine, die das Gewoge überragen, in vollendetster Kunstfertigkeit emailliert, alle Teile sind auf das reichste mit Diamantrosen geschmückt und klingen zu einem harmonischen Konzert von Farben zusammen. – Dinglinger hat selbst eine handschriftliche Beschreibung des Werkes und Erklärung der Geschenke mit abgeliefert, die in der Zeitschrift für Museologie, 2. Jahrgang 1879, abgedruckt ist. – (VIII. 204.) – Zu den auf S. 127 genannten Reisebeschreibungen, die auf das Entstehen des Werkes Einfluß hatten, sei hier noch der Lügenroman des Schelmuffsky nachgetragen, dessen Held auf seinen erdichteten Reisen auch ‚vierzehn gantzer Tage in Indien bey dem großen Mogol war‘ August d. St. schätzte den Verfasser des 1696/97 erschienenen Romans, Christian Reuter, so sehr, daß er dessen Relegation von der Leipziger Universität 1700 wieder aufhob.