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eine so reizende, fast komische Ironie. Le Clou ärgerte sich; er meinte jetzt selbst, vor einigen Minuten durch ungeheure Vergrößerungsgläser gesehen zu haben. Er ward ziemlich ernüchtert, und der Hauptgrund seines Verdachtes schien ihm jetzt selbst in seiner Leidenschaft, in seiner Eifersucht gegen Lascara zu liegen. Le Clou schwieg also, indeß er sich das Ansehen eines Piquirten gab, um wenigstens einigermaßen seine Würde zu behaupten.

– Geh, geh, mein Kind! sagte der Béarner höchst gutmüthig; und sei sicher, daß ich Dir selbst Deine übertriebene Besorgniß um mich als Liebe und Ergebenheit anrechne.

Der Stallmeister ging an seine Geschäfte. Der König ließ sich ankleiden. Gleich darauf ward der Erzbischof angemeldet.

Heinrich IV. empfing den Ehrwürdigsten nicht gar zu verbindlich.

– Aber, mein theuerster Luçon, rief er ihm entgegen, sollte ich mich geirrt haben?

– Wie befiehlt der König? sagte der dicke Priester, sich verbeugend.

– Ich meinte, Chateau la Tour wäre unser Jagdschloß pour nos menus plaisirs und da ist mir das Ding wahrlich zum Staats- und Rathssaale geworden. Ventre-saint-gris und wie seht Ihr aus? Glaubt Ihr, wir vergäßen, das es eine Messe giebt? Thut mir den Gefallen, ich leide an den Augen . . . Grün, versteht Ihr . . . Sehr heilsam . . . Grün des Waldes und der schönen Wiesen . . . Schön, wißt Ihr, sehr schön! Grün unsere Hoffnung und grün unsere Kleider, das heißt, alle die, welche ich sehen will . . .

Der Erzbischof ließ sich durch diesen unheiligen, ketzerischen Ausfall gegen seinen Ornat durchaus nicht aus der Fassung bringen.

– Eure Majestät – sagte er sehr langsam – ist dieses geistlichen Kleides noch nicht zu sehr gewohnt . . .

Heinrich biß in die Lippe. Der Hieb traf Helm und Kragen; denn der König war erst vor 14 Tagen katholisch geworden.

– Möchtet Ihr Euch ganz mit diesem Rocke versöhnen. Ich kann nicht anders, sondern muß meine Bitte nochmals anbringen. Gebt den Ketzern ganz Frankreich, aber säubert Paris von ihnen.

– Das heißt, nehmt den Hugenotten Paris und sie werden keine Handbreit Land außerhalb desselben behaupten . . .

– Das haben Eure Majestät durch die That wiederlegt . . .

Die Schmeichelei war fein, aber die Wahrheit ging noch darüber. Heinrich sagte sie in einigen Worten.

– Das war auch der Béarner, mein Pater!

– Das katholische Frankreich erwartet einen Beweis, wobei sich Eurer Majestät Rechtgläubigkeit durch die That manifestirt.

– Nicht nöthig, Herr de Luçon. Mir würde doch Niemand glauben. Frankreich weiß so gut als ich, daß ich in diesem Leben nicht katholisch werde . . . Ventre-saint-gris, da ist die Sonne und ich stehe hier und unterhalte mich mit Eurer geistlichen Hochwürdigkeit, während ich arbeiten sollte.

– Mein König, bat jetzt der Erzbischof mit dringendem, fast flehendem Tone; Ihr habt’s bisher nicht hören wollen; aber ich sage Euch hier ist eine Bittschrift, von dritthalbhundert

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/158&oldid=- (Version vom 1.8.2018)