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ledig sind, bei dieser Flatterhaften ein Wort für mich einlegen . . . Oder, so gewiß ich lebe, ich werde verschwinden wie mein Nebenbuhler . . . .

– Frag’ doch nicht, Jacques . . . flüsterte die Zofe.

Die Maulthiere kamen heran; die Beute zeigte sich; die Rüden kamen auf den Platz.

– Es wird ein Mahl für die Armen, Heinrich! flüsterte Gabriele, in den Armen des Königs lehnend.

– Du bist ein Engel!

Und sofort ward, ohne Rücksicht auf den delicaten Rasen, von der Dienerschaft ein großes Feuer angefacht, die Thiere waidgerecht zerlegt; Bratenspieße fingen an sich zu drehen und eine Art von Hochzeit des Camacho begann. Rings umher kamen die Leute aus den Dörfern auf das bekannte Signal des Thürmers herbeigeeilt – und fanden ein Paradies vollkommen fertig.

Die Sonne war lange untergegangen, als das fröhliche Fest, von Liedern und Romanzen verschönert, noch immer fortdauerte.

Heinrich und Gabriele blickten von der Terrasse in das eben so heitere als malerische Gewühl hinab.

Zu eben dieser Zeit warf der dicke Priester, glücklich durch Beihülfe eines guten katholischen Fährmannes über den Strom gekommen, und nun auf einem stöckischen Maulthiere mit Mühe sich vorwärts arbeitend, auf Chateau La Tour einen letzten Blick. Er glaubte das Schmettern der Hifthörner des Jagdpersonals noch hier zu hören und starrte gedankenschwer auf den irrlichtartigen Glanz, welcher aus der Gegend des Schlosses durch die Nacht leuchtete.

– Es ist alles mißlungen! murmelte er. Dieser Schwachkopf! Aber, Béarner, hier schwöre ich Dir, Namens der ewigen Mutterkirche, daß sie Dich, als ein unnützes Glied, dennoch abhaut und in’s Feuer wirft!

Die Welt weiß, wie mit Ravaillac dieser Schwur eines Priesters sich erfüllte.




David mit dem Haupte Goliath’s.
Gemalt von L’Orbetto (genannt Turchi.)

Das Buch der Bücher, die Bibel, war von jeher eine Fundgrube von Stoffen für die Künstler aller christlichen Völker. Man kann sie als eine unerschöpfliche bezeichnen. Während einer langen Periode entlehnte die im hehren Dienste des christlichen Cultus befindliche Kunst, namentlich die Malerei, aus dem heiligen Texte ihre erhabensten Gedanken. Die Vorlagen, welche die Bibel gab, durchdrang später der freie Gedanke poetischer Auffassung und Schönheit, durch das Studium der Antike geläutert. Es wurden Gemälde biblischen Stoffes, sowohl alten als neuen Testaments, geschaffen, es wurden die Personen, welche uns in der Schrift vorgeführt werden, durch die Kunst auf eine solche Weise dargestellt, daß man in unserer Zeit oft zu dem

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/176&oldid=- (Version vom 1.8.2018)