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Heiterkeit an, welche sich zur Zahlung der so unwillkürlich vorgestreckten Summe während der bekannten vierundzwanzigstündigen Frist erbot. Sicher gemacht durch seine Erfolge, spielte van Dyck weiter, und war bald so „glücklich“, auch das letzte Goldstück zu verlieren, welches er besaß. Die Nacht war weit vorgerückt und Graf Arundel, Mr. Killigrew und der niederländische Maler zogen sich zurück, dem Viscount Edgefield und seinen Gegnern das Schlachtfeld des grünen Tisches überlassend.

Als van Dyck nach Black Fryars fuhr, hörte er seinen Namen mit[WS 1] Heftigkeit ausrufen und ungeachtet des scharfen Trabes der Pferde ward der Kutschenschlag aufgerissen und ein schlanker junger Mann voltigirte in das Fuhrwerk herein. Derjenige, welcher auf so unceremoniöse Weise zu van Dyck eindrang, fiel ihm um den Hals und blieb längere Zeit sprachlos.

– Fiamingo! rief van Dyck in italienischer Sprache. Du bist’s?

Carl Fiamingo, einer von van Dycks genuesischen Freunden war’s, der einzige Italiener, welcher sich während van Dycks Anwesenheit in den Niederlanden innig und ehrlich an ihn angeschlossen hatte.

Carl Fiamingo war Maler. Er besaß vielleicht nicht weniger Talent als van Dyck; verstand aber unglücklicherweise die Kunst nicht, seine Leidenschaften in so weit zu mäßigen, um mit Besonnenheit arbeiten zu können. Selten hatte Carl Fiamingo Augenblicke, die er „seine Glanzlichter“ nannte, Augenblicke, in denen er die herrlichsten, kühnsten Schlachtenbilder zu entwerfen vermochte. Fiamingo malte ganz in der breiten Manier der Niederländer; das Talent, welches er besaß, in unglaublich kurzer Zeit mit wenigen Strichen und schroffen Farben ein Gemälde zu vollenden, war wahrhaft einzig. Van Dyck hatte den kaum dreiundzwanzig Jahre alten Künstler aus dem Strudel der Ausschweifungen, worin er versunken war, zu erretten versucht; auf seine Veranlassung hatte Fiamingo Genua verlassen und war nach London gekommen. London aber hatte den heißblütigen Italiener erdrückt; hier eben hatte er sich selbst völlig verloren.

Van Dyck umfing den Italiener. Es war draußen kalt; es regnete weder, noch schneite es. Um desto mehr erschrak van Dyck, als er Brust und Leib des Freundes „bethaut“ fühlte.

– Was ist denn das? fragte er, die Hände abwischend.

– Blut, Signor, Blut! rief Fiamingo. Wäre doch der Stoß besser gewesen; oder hätte ich denjenigen empfangen, den Lord Wenkworth erhalten hat.

Eine kurze Erzählung folgte. Fiamingo hatte mit seinem Busenfreunde, Lord Wenkworth, Streit gehabt. Im Zustande halber Trunkenheit waren Beide dazu gerathen, diese Differenz sogleich auf der Straße mit dem Degen auszugleichen. Wenkworth war von dem verwundeten Fiamingo erstochen. Wollte der Italiener nicht gehenkt werden; so galt es schleunigste Flucht aus England.

Van Dyck hatte seine Fassung wieder erlangt und war entschlossen, den italienischen Maler zu retten. Geld war das Erste, welches nothwendig war. Van Dyck, der unglücklich genug war, eben jetzt nichts zu besitzen, ließ seinen Kutscher augenblicklich wieder nach Holborn fahren . . . Der Palast des Grafen Aremberg war geschlossen.

– Nach Ludgate Hill, Lord Henry Digby! rief van Dyck.

Hier waren wenigstens noch offene Thüren. Van Dyck stieg aus und fragte nach Lady

Anmerkungen (Wikisource)

  1. fehlende Buchstaben ergänzt
Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 401. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/418&oldid=- (Version vom 1.8.2018)