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– Aber hier ist fremde Jagd! rief Rubens, ebenfalls in Galopp versprengend und den Degen, wo nöthig, zum Schutze des Prinzen ziehend.

– Ich muß alle Tage für die Niederländer ihre Feinde, die Spanischen und ihre Alliirten jagen, so werden sie nichts dagegen zu sagen haben, daß ich zur Abwechselung einmal ihre Schweine jage! rief Moritz, dessen Wangen sich bereits vor Jagdlust rötheten.

– Wir sind in der Jagd des Grafen Lalaing! bemerkte Rubens nochmals mit lauter Stimme.

– Lalaing? Er hat es leiden müssen, daß seine Schwester gekapert wurde; ich möchte wissen, wie er es anstellen wollte, zu verhindern, daß wir nicht augenblicklich diese verdammte, schwarze Bestie niederstoßen . . . . Er führte mehrere Hiebe nach dem Thiere, verfehlte es jedoch. Der Keiler hielt nur kurz Stand, dann rannte er wüthend auf die Treiber los, welche an einem großen umgestürzten Baume Stellung genommen hatten. Mit einem halben Dutzend von Hunden am Körper konnte das starke Thier dennoch vorwärts kommen . . . Eben in dieser Secunde kamen, dem Prinzen und dem jungen Maler gerade gegenüber, zwei Reiter mit gezogenen Jagdmessern im Galopp aus dem Walde. Der vordere war Graf Lalaing, welcher im Vorbeisprengen seine Waffe dem Thiere in den Nacken bohrte, dann, unfähig, sein Pferd zu halten, einige Hunde niederritt und sein Thier erst unmittelbar vor demjenigen des Prinzen pariren konnte. Der Keiler ward indeß mit Spießen und Fangeisen zum Hallali gebracht. Rauchend von Blut wälzte er sich sterbend zwischen der siegreichen Hundecolonne.

Lalaing und sein Begleiter schienen sehr unangenehm überrascht, als sie die ungebetenen Jäger betrachteten.

– Ihr, Mynheer! rief Lalaing aus, dann verstummte er. Er erkannte den Maler, trotz der Unordnung, in welche sein Haar nach dem Verluste des Barettes gerathen war; er erkannte den Officier der Nachtpatrouille, dessen Name nie von ihm hatte ausfindig gemacht werden können. Diese Bekanntschaft . . . der Raub seiner Schwester . . . In einem Augenblicke war ihm Alles klar . . . Mit hochgeschwungenem Degen fiel er den Statthalter an.

– Endlich, endlich also . . . schrie er.

– Ja, endlich siehst Du den Prinz Moritz von Oranien! rief Rubens, ebenfalls auf Lalaing eindringend, der Deiner und Deiner Mutter Grausamkeit gegen ein wehrloses Mädchen Grenzen setzte.

– Warum schweigst Du nicht, Gelbschnabel! rief Moritz, einen Meisterhieb als Antwort auf Lalaing’s Stoß nach dessen Kopfe führend. Genirt Euch nicht, Monsieur le Comte; Moritz oder nicht Moritz, wir werden uns schon zusammen verständigen . . .

Lalaing brach das Gefecht ab, wandte kurz sein Pferd und ritt sammt seinem Begleiter in rasendster Carrière waldeinwärts. Er floh über die französische Grenze, weil er die Rache des Prinzen sehr ohne Grund fürchtete.

Der Statthalter warf jetzt einen Blick auf seine Umgebung. Der Keiler war todt; die Jagdmannschaft umstand ihn und hielt die Hunde von ihm ab.

– Die Beute gehört uns! sagte der Prinz. Wir haben sie dem Feinde abgejagt. Bringt das Thier gegen guten Lohn nach dem Palaste Oraniens, Ihr Leute da.

An dem folgenden Schmause ward auch der Maler betheiligt. Es war das erste Mal,

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 577. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/594&oldid=- (Version vom 1.8.2018)