Seite:Strafhaus-Ordnung 1893 Luzern ZentralGut 993983580105505.pdf/8

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kann jedoch Fehlbare unter Berichterstattung an den Direktor provisorisch in Arrest setzen.

41.

Der Obermeister steht dem Direktor in der Leitung der materiellen Verwaltung zur Seite; er besorgt die ihm übertragenen Käufe und Verläufe, kontrolliert die Materialien, Vorräte, Lagerwaren und Werkzeuge, ordnet dringliche Reparaturen an, leitet die Heizung und kontrolliert den Zustand der Gebäude.

42.

Die Obermeisterin leitet und überwacht die weiblichen Gefangenen, besorgt deren Untersuchung, Ein- und Auskleidung und verwahrt deren Kleider und Effekten.
Sie beaufsichtigt die Arbeit der weiblichen Sträflinge und führt Rechnung darüber.

43.

Ihrer Obhut ist Speisekammer, Küche und Keller, Wäsche und Lingenmagazin anvertraut; sie sorgt namentlich für gute und reglementarische Zubereitung der Speisen für Meister und Sträflinge, und für Instandhaltung und Reinigung der Bett- und Leibwäsche.

44.

Die Aufgabe der Werkmeister und Aufseher besteht zunächst in der unmittelbaren und unausgesetzten Beaufsichtigung der Gefangenen; sie haben darüber zu wachen, daß die auf den Strafvollzug bezüglichen Vorschriften genau erfüllt werden.

45.

Die Werkmeister haben überdies die Gefangenen zur beständigen Arbeit anzuhalten, Unkundige anzuleiten und dafür zu sorgen, daß möglichst tüchtige Arbeit geliefert und Material und Werkzeug geschont werden. Sie haben nebstdem die ihnen zugewiesenen Skripturen (Journale) pünktlich und sauber zu führen und sind für die Richtigkeit derselben persönlich haftbar.

46.

Sie sollen sich eines nüchternen und tadellosen Lebenswandels befleißen, den Vorgesetzten Achtung und Gehorsam erweisen, unter sich verträglich und friedfertig sein und die Gefangenen mit Ernst, Unparteilichkeit, Ruhe und Takt behandeln. Sie sollen nötigenfalls mit Unerschrockenheit und Mut auftreten, dagegen alles Schimpfen, Fluchen oder gar Mißhandlungen vermeiden; ebenso sollen sie sich vor Vertraulichkeit, Mitteilung von Neuigkeiten, Scherzen und Spässen etc. hüten.

47.

Strenge untersagt ist es, den Gefangenen ohne Wissen der Direktion Mitteilungen, Briefe, Geld, Lebensmittel oder Spirituosen, Zigarren, Tabak, Kautabak etc. zukommen zu lassen. Verboten ist ferner aller und jeder Handel oder Tausch mit denselben; ebenso die Annahme von Geschenken von den Gefangenen oder ihren Freunden oder Angehörigen, und zwar nicht nur während der Haft, sondern auch vor und nach derselben.
Nichtbeachtung dieser Vorschrift hat sofortige Entlassung der Werkmeister zur Folge.

48.

Übertretungen der Hausordnung haben sie zu rügen oder, wo mehr als ein bloßes Versehen vorliegt, der Direktion zu melden. Sie selbst haben keine Strafkompetenz.

49.

Die Aufseher, auch die Werkmeister, haben sich als fortwährend im Dienst stehend zu betrachten, und dürfen sich ohne Wissen der Direktion nicht aus der Anstalt entfernen. Diejenigen, welche nach dem Wachtdienstreglement abends frei haben, müssen sich längstens 11½ Uhr in der Anstalt wiederum einfinden. Die Nacht außer der Anstalt zuzubringen, kann nur ausnahmsweise vom Direktor gestattet werden.

50.

Die Aufseher tragen, soweit die Arbeit es zuläßt, Uniformrock und Dienstmütze und sind mit Revolver und einem Schläger bewaffnet. Diese Ausrüstung und Bewaffnung liefert ihnen die Anstalt unentgeltlich.

51.

Von der Waffe haben sie, jedoch nicht ohne Not, Gebrauch zu machen:
a. Bei Flucht oder Ausbruchsversuchen, wenn sich der Gefangene gewaltsam oder gar bewaffnet der Ergreifung widersetzt;
b. Zur Abwehr eines tätlichen Angriffes auf ihre Person oder auf andere Angestellte oder auf Gefangene.
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n.n.: Strafhaus-Ordnung. , Luzern 1893, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Strafhaus-Ordnung_1893_Luzern_ZentralGut_993983580105505.pdf/8&oldid=- (Version vom 23.11.2023)