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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

daß bey allen wilden Baum-Saamen und in denen Zäpfflein / Fächlein / Häußlein / oder Hülsen eine figur eines sonderlichen kleinen Wurms / (so man fast mit dem Gesichte oder Augen nicht erkennen mag) sich befinde.

Derhalben wenn solcher Saamen nicht behutsam und sehr wohl in Acht genommen und temperirt gehalten wird / so wächset dieser kleine Wurm grösser, wird lebendig / und corrumpiret die Saamen-Körner / welches so wohl bey der Herbst- als Frühlings-Saat zu besorgen.

Denn wenn der Wurm einmahl zu fressen / und zu wachsen angefangen / so fähret er fort / da denn solcher Saame selten zum Aussprossen kommt / und da er gleich ausgesprosset / fressen ihn wohl andere Gewürme / so nicht in Saam-Korn generiret sind / die Käumen ab; Dahero die wilde Baum-Saat gleich andern Getreyde-Saaten / vielem Unglück unterworffen ist; säet man in die Dürre, so gehet er langsam oder gar nicht auf; fället eine anhaltende Nässe dabey ein / so ersäuffet oder vermodert die Saat.

Am besten ist es / wenn der Saame / so bald er gesamlet worden / in die Erde kommen kan; denn wenn solcher in allzugrosser Kälte / Hitze oder Abwechselung / auch aus einem Erdreich in das andere bracht wird / so veruhrsachet es fermentationes, und folglich Fäulnüß und Würme.

§. 15. Aller Baum-Saame zwar hat zu seiner bessern Conservation einen balsamum innatum, und dieser eine verborgene Wärme in sich; wenn nun solche durch eine äusserliche natürliche oder Sommer-Wärme excitiret wird / so erreget sie sich / fänget an zu würcken / und ziehet anders woher Nahrung an sich / wie der Magnet, und bekömmt aus der Tinctur der Erden sein nutriment, biß es endlich / weil es die gesammlete Nahrung in die Länge nicht mehr halten kan / ausbricht / und ein Stämmlein eines Baums / oder Stauden / herfür bringet.

§. 16. Die Aspen und alle Weiden-Geschlecht / wie auch die Pappeln haben keinen Saamen / wie von den meisten Holtz-Verständigen judiciret werden will / und wir beyläufftig hier gedencken wollen. Ob nun solche von morastigen und nassen Boden procreirt und herfür brachtwerden / oder ob die Zäpflein / so sie jährlich tragen / und Frühlings-Zeit von sich werffen / hierzu etwas contribuiren / da man doch keinen oder nichts sonderlich sichtliches / oder einem Saamen ähnliches in solchen Zäpflein ausser vielen kleinen schwartzen Strichlein und Fäßlein / darinnen aber kein Mehl ist / spühret / deme nun wäre billig nach zudencken / und nachzuforschen.

Wahrscheinlich und vermuthlich ist es / daß von solchen Zäpfflein junge Aspen und Weiden entspringen.

Dann wo dergleichen Zäpfflein tragende Bäume stehen und solche fallen lassen / da findet sich hiervon in der Nähe stetiger Anflug / vermuthlich / daß solche Zäpfflein

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/150&oldid=- (Version vom 14.2.2021)