Seite:Sylvicultura oeconomica.pdf/167

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

am besten / ein ander Land und Boden eine andere Gattung. Denn es hat GOtt einem jeden Climati, Orte / und Theil der Welt eine gewisse Art und Geschlechte der Bäume zugetheilet / die in einem Lande wohl und gewünschet einher wachsen / am andern aber geringer oder wohl gar nicht.

Was das gute oder geringe Erdreich thun kan / so wohl bey derer Gewächse Fortbringung und Wachsthum / als an Vollkommenheit / Güte und[WS 1] Vortrefflichkeit bey denen Früchten / das siehet man am Wein / wie unterschiedlich solcher an Geschmack / Stärcke und Süsse an einem Orte mehr / als an andern ist; Ingleichen an allerhand Getraide und daraus gebacknen Brod / wie eines wohlgeschmack / weiß und angenehm zu essen / hingegen das andere ungeschmack / schwartz / unangenehm und unnahrhafftig ist.

Und eben dergleichen geschiehet auch bey allen andern zahmen und wilden Bäumen und Erd-Früchten. Wie man denn aus der Erfahrung hat / daß leichte Erde guten Wein träget / die fette und starcke hingegen gut Getraide; Und also viel bey dem Erdreich zu remarquiren sey / inmassen so ein Hauß-Wirth solches nur so bloß oben hin ansehen / und dessen Eigenschafft / oder von was Qualitaet es sey / nicht erkennen / noch gnugsam erwegen und experimentiren will / was Geschlecht oder Art Bäume / dieser oder jener Boden am sichersten tragen möchte, sondern nur ohne Unterscheid den Baum-Saamen einstreuen wolte / der würde ohne Zweiffel[WS 2] grosse Fehler begehen.

Zwar in America und sonderlich in denen Südlichen Theilen desselben / sollen wilde oder solche Bäume von sich selbst wachsen, die sonsten unter einem kalten Clima gerne zustehen pflegen / als Eichen / Buchen / Aschen / Linden / Ilmen / Pappeln / item Fichten und Tannen / so zu Mast-Bäumen auf den Schiffen dienen / darneben auch wilde Citronen / Pfirschken / Granat-Aepffel / Pommerantzen / Feigen / Mandeln / Oliven und dergleichen / gantze Wälder voll fortkommen / welches aber in Europa sich nicht also erweiset / indem wo diese wilde / und sonderlich die Hartz-Bäume in Menge wachsen / daselbst Citronen / Pommerantzen / Feigen und dergleichen insgemein keine Art und Fortkommens haben; also auch in Gegentheil / wo guter Weinwachs / Oliven-Berge und dergleichen sind / die Hartz-Bäume und Wälder / nicht gedeyhen wollen.

Derowegen es nützlich und nothwendig ist Situm & naturam cujuscunque loci, die Eigenschafft und Lage eines jeden Orts sich zuerkundigen / ob ein Grund oder Boden Bäume zu tragen tüchtig / und welche Art auf denselben am besten fortkommen möchte / allermassen eine Art des Erdreichs auch einen Baum mehr Nahrung gibt als den andern / auch mehr zu der Natur und Eigenschafft eines und des andern Baums appropriirt ist, dahero keine

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nnd
  2. Vorlage: Zeiffel
Empfohlene Zitierweise:
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/167&oldid=- (Version vom 21.8.2021)