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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

und Aeste / so sie meistens gegen Mittag und die Sonne kehren und wenden / von dannen sie gleichsam Hülffe und Wärme suchen. Ausser diesen und insgemein / so kan die Erde / sie sey auch so fruchtbar oder unfruchtbar als sie wolle nicht müßig stehen / sie werde gebauet / oder nicht gebauet / und zwar so die Menschen keine Hülffe daran thun / und selbige wegen Mangel derer Einwohner / oder aber dieser ihrer Faulheit und Unachtsamkeit / oder sonsten lange feyren muß / so erweiset sie doch ihre anerschaffene fruchtbringende Kräffte / und bricht insgemein in Bäume / Püsche und Gehöltze herfür / wie in denen Indien zu sehen gewesen / wo die Orte unbewohnt und von den Europaeern neue Colonien angerichtet worden / daß das gantze Land mit Holtze so gar dick bedecket gewesen / daß man auch zu Fuße nicht hat durch kommen können / und man sich mit der Axt und Säge Raum machen und das Holtz abhauen müssen / wie dergleichen grosse Gehöltze vor Alters ebenfalls in Teutschland / Dännemarck / Schweden / Engelland, Schottland über und über gewesen / da man itzo wenig Gehöltze oder Wälder mehr antrifft.

§. 4. Wie wohl nun solcher Gestalt die Natur in Hervorbringung allerhand Gewächse / Grases / Kräuter / Stauden, Büsche und Bäume nach Unterschied des Landes und Bodens continuirlich zu würcken pfleget; will jedoch uns Menschen oder einem Oeconomo laborioso bey ereigneten Holtz-Mangel dabey obliegen / dahin euserstes Fleißes zustreben / wie derselben mit Wissenschafft und unnachläßigen Fleiß zuhelffen und auf was Boden diese oder jene Bäume und zwar in grosser Menge und in kurtzer Zeit mit Säen und Pflantzen zuerzeugen sind; denn wie ein gewisser Autor gar artig redet: Terra reddit, quod accipit, licet alias minore, ut plerumque vero majore cum foenore, qua de causa Xenophon agrum omnium justissimum appellat. Terra dicitur Genitrix, quia plurimos illis fructus suppeditat, qui eam ut Genitricem colunt & amplectuntur. D. i. die Erde giebt das / was sie bekömmt / zwar manchmahl mit geringen / am meisten aber mit grossen Wucher wieder. Aus welchen Ursachen Xenophon den Acker dem Ruhm beygeleget / daß er der allergerechteste sey. Sie ist eine gütige Mutter / in dem sie denen jenigen / reichliche Früchte darreichet / die sie als ihre Mutter pflegen und warten wollen.

§. 5. Nun soll billich ein jeder Hauß-Wirth / oder so dergleichen Aufsicht träget / seinen Grund und Boden überall mit genauen Fleisse erkundigen / wo und an welchen Orte / ohne sonderbahren Schaden des Feld-Baues und Wiesewachs etwas von Bäumen

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/169&oldid=- (Version vom 21.8.2021)